Zweiundvierzigstes Kapitel

Der Rout.

[140] Eine neue Form eine Hausgesellschaft festlichen Charakters zu geben, ist der Rout. Seine besonderen Kennzeichen sind: Zwanglosigkeit, keine gemeinsame Tafel, sondern meistens ein großes Büfett in erstklassiger Aufmachung, auch mit Bar verbunden; später abendlicher Beginn, der an keine Stunde gebunden ist, nicht genau begrenzte Anzahl der Gäste, die sich im Laufe des Abends dauernd durch das Kommen und Gehen verändert, so daß auch Vielbeschäftigte geladen werden können, ohne sich gezwungen zu fühlen. Der Anzug ist immer Frack und großes Abendkleid.

Für große gesellschaftliche Veranstaltungen, besonders auch offiziellen Charakters, Empfänge usw. ist der Rout geradezu die ideale Form, denn er bringt eine glückliche Lösung, um über die Schwierigkeiten der Tischordnung, Rangalter, Sympathien bzw. Antipathien der einzelnen Gäste untereinander hinwegzuhelfen. Neben dem[140] freundlichen Zufall des Zusammentreffens gibt der Rout eine elegante Form der Möglichkeit des Sichmeldens oder Sichfindens. –

Zur Erhöhung der guten Stimmung tragen die geladenen Künstler aus freien Stücken, sowie gemütliche Ausstattung einzelner Räume und dezente Musik besonders bei, wie überhaupt das Ungezwungene der Veranstaltung eine interessante Note aufprägt. –

Der Rout eignet sich sinngemäß auch für kleinere Veranstaltungen für den intimen Freundeskreis und bei solchen Gelegenheiten darf auch der Smoking gewählt werden. Gerade die Zwanglosigkeit des Routs verbürgt bei Veranstaltungen im kleineren Kreise das besondere Wohlbefinden der Gäste.[141]

Quelle:
Kallmann, Emma: Der gute Ton. Berlin 1926, S. 140-142.
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