[420] (Gedichte über die Schweiz – 1. Th. S. 227.)
Beglücktes Volk, das von der Knechtschaft nicht entmannt,
Noch frey und tugendhaft auf frohen Hügeln wohnet,
Wo herrlicher als selbst in Rom und Griechenland
Der Freyheit Majestät im reinsten Glanze thronet.
Kein Länderstürmer reißt vom Pfluge dir den Sohn;
Den Jüngling von der Braut – führt mit gefluchtem Glücke
In ferne Welten sie – damit noch eine Kron'
Die stolze Scheitel ihm umschimmere und drücke.
Kein Nimrod ist bey dir der Wälder Schutz und Gott,
Der Pferd' und Hunde nur, und Jäger schützt und ehret,
Auf dessen gnädigsten Befehl dein Stückchen Brodt
Noch in der Saat das Wild, daheim der Hund verzehret.
Dich drückt kein Steurenheer, um Eines Sultans Pracht,
Um seinen eiteln Stolz und Lüste zu vergnügen;
Der Landmann darf bey dir um eine Sündennacht
Des Herrschers nicht der Noth und Arbeit unterliegen.
Beglückter Landmann, du bist keines Menschen Knecht,
Dein freyer starker Arm darf keinem Zwingherrn fröhnen;
Es darf kein Peiniger vom grausamen Geschlecht
Des Treibers Jehu dich mißhandeln oder höhnen.
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Kein Weichling, kein Despot, kein römischer Pedant
Giebt eigensinnig dir barbarische Gesetze:
Nur das alleine, was du selbst für Recht erkannt,
An einer Landgemeind, wird dir erst zum Gesetze,
Stäts müsse das Panier der Freyheit dich umwehn,
Du Liebling Gottes! Stäts ihr Feuer dich beseelen!
So wird's im Thal und auf den heerdenreichen Höhn
Nie an Zufriedenheit und Ueberflusse fehlen.
Du aber hüte dich, dieß unschätzbare Gut,
Womit der Himmel dich vor tausend Völkern ehret,
Nicht zu verscherzen! Denn durch Misbrauch, Uebermuth
Ward oft die Freyheit schon in Sklaverey verkehret.