20.

[69] Bayreuth, 22. Jan. 1881.


Mein liebstes Kind Lilli!


Seid Ihr mir dort denn noch ein bißchen gut?

– Das wollen wir sehen! –

Hier folgt in einer Art von Klavierauszug – die Szene der Blumen-Zaubermädchen aus dem zweiten Akt des »Parsifal«. Sehen Sie sich diese Geschichte genau an: sie ist kein Spaß, und aus dieser einzigen Szene könnt Ihr ermessen, daß ich mit meiner neuesten Arbeit nicht an die Theater da und dort denken mochte. Ich verlange nicht weniger als sechs Sängerinnen ersten Ranges von gleicher Stimme und Stimmlage, und dazu hübsche, schlank gewachsene Frauenzimmer. Dann aber noch (mindestens) 12 oder 16 junge, hübsche Chorsängerinnen von erster Qualität.

Sehen Sie es sich an! – Wollen Sie mir diese Bande rekrutieren? Ich kann mich an niemand, als an meine Rheintöchter-Kapellmeisterin halten; an wen sonst mich wenden? Es gehört zu der Sache Ihr ganzer Geist, Ihr Enthusiasmus und – etwas auch Ihre Bekanntschaft mit unsren Personalien. –[69]

Geben Sie mir eine gute Antwort! – Juli 1882 sind die Proben, August die Aufführungen. Ohne Lilli aber wird's gar nichts? –

Wie geht's der Mutter? Wie der Schwester?

– Tausend herzliche Grüße und –

von Ihrem mit der wärmsten Rührung

stets Ihrer gedenkenden

Richard Wagner.


Kind! Nicht wahr, Sie gehen mir mit dem Manuskript vorsichtig um, daß es nicht etwa ein Unglück (per Indiskretion!) erlebe.

RW.

Quelle:
Lehmann, Lilli: Mein Weg. Leipzig 1913, S. 69-70.
Lizenz:
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