Dritte im Bunde.

[157] Die unerfreuliche Entdeckung, daß der Freund des Hauses sich, eines schönen Tags zum Hausfreund gemausert hat, ist gewiß auch für den abgebrühten Freidenker ein harter Schlag. Trifft's nicht immer das Herz, so doch wenigstens das Eitelkeitszentrum des Nervensystems. Nichtsdestoweniger keine Veranlassung zur Othellosoloszene für einen Mann, der durch eigene Lebensführung sich des Rechts auf »Alleinbesitz« begeben hat. Oberste Pflicht: Vermeidung allen Aufsehens. Der Ehrenmann hat so lange als Deckung vor seiner Frau zu stehen, als er ihr seinen Namen zu führen gestattet.


Dritte im Bunde

Reinliche Scheidung muß manchmal sein – ist einem Franktireurkrieg vorzuziehen – sie bedeutet oft stärkste Probe auf Charakter des Mannes. Bleibt auch beim Auseinandergehen darauf bedacht, noble Geste gegenüber Xantippenwirtschaft zu bewahren!

Beide Augen zuzudrücken, ist unbequem, auf die Dauer undurchführbar – besser Klarheit und den Mitmenschen keinen Anlaß zur[157] Schadenfreude gegeben! Ausnahmesituationen rechtfertigen manchmal den Weiterbestand einer Dreiheit – Vorhandensein von Kindern, Rücksichtnahme auf Familie oder Einheit eines Werks, das Generationen geschaffen. Doch auch da darf nie die Öffentlichkeit Einblick in Interna erhalten. Höchstens ahnen – nie wissen lassen!

»Jeder Mann, wenn er kann, macht 'nen Seitensprung ...« – die immer noch berechtigte Schlagzeile eines Vorkriegsrefrains. Finden wir uns also damit ab, daß auch männliche Seitensprünge weiterhin sein werden, manche von gefährlicher Weite, andere von schamhafter Zaghaftigkeit. Alle aber im Zeichen schützender Diskretion.

Wandeln wir auf Liebespfaden, gilt es, ungestört zu sein. Jedes Mittel ist dabei leider den Beteiligten recht, nur zu oft vergißt der verliebte Mann Gebote der Vorsicht und Klugheit!

Man ist irgendwo in der Sommerfrische, an einem neutralen Ort oder in der Großstadt mit der Angebeteten zusammengetroffen, hat nichts Eiligeres zu tun, als sich wie ein rechtlich getrautes Ehepaar mit zittrigen Zeilen ins Fremdenbuch einzutragen, um das kosige Doppelzimmer beziehen zu können. Unversehens stiehlt der teuflische Zufall sich ein – schon beim Frühstück ergibt sich eine qualvolle halbe Stunde unter den Blicken irgendeines Bekannten, der nachträglich »gratuliert«. Zwei Meldeformulare richtig ausgefüllt, ein paar Mark mehr geopfert – und der innere Frieden auf zwei getrennten Zimmern ist eingekehrt! Ob gnädige Frau oder Fräulein, nicht einmal die »halbamtliche Freundin« darf sich mit fremden Federn schmücken. – Kein Inkognito wählen, dessen Nimbus im Augenblick der Not rasch vergeht![158]

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 157-159.
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