Er ist so talentvoll ...

[170] Zwischen Zwanzig und Fünfzig ist der Mann unserer Epoche in den »besten Jahren«, während ehedem noch jeder glattrasierte Dreißiger etwas geringschätzig mit »junger Mann« betitelt wurde. Der Unterschied zwischen Generationen hat sich verwischt. Fünfundzwanzigjährige werden im Kreise der Älteren angehört, wenn sie wirklich was zu sagen haben, die Männer von Vierzig machen sich nach bewährtem Muster gerne jünger, als sie in der Tat sind. Überhaupt ist femininer Einschlag unverkennbar, die aggressiv eingestellte Frau hat in sich ein gewisses Faible für die zwar gepflegte, aber dekadente »Huchnein«-Linie der Männlichkeit entdeckt. Man kultiviert sie jetzt unnötig und – gefahrdrohend!


Er ist so talentvoll ...

Weit eher als bei unseren Vorfahren treten Konflikte und Berufsfragen an den jungen Gentleman der Gegenwart heran – schon die blutjungen Primaner haben einen erweiterten Horizont durch die Vielfältigkeit des alltäglich Aufgenommenen. Eros packt die Menschenkinder mit brüsker Hand jäh an! Neigungen und Talente offenbaren sich früh. Sie müssen behütet und gefördert werden – den Spezialisten auf allen Gebieten gehört die Zukunft.

Muttersöhnchen sind als Ergänzung zu den Wunderkindern die unerfreulichen Typen der Jugendlichen. Da wird mit winzigen Talentchen wichtig getan, Sand in die Augen gestreut und eine Rasse greisenhafter Embryos gezüchtet, die dem gefunden, doch deshalb nicht weniger triebhaften jungen Mann ein minderwertiges Beispiel abgeben.

Hier kann nur Aussprache von Mann zu Mann helfen, von Vater zu Sohn, von Bruder zu Bruder. Zwei Generationen verbünden sich, der eine gibt die Erfahrung, der andere die Unverbrauchtheit dazu, das Ganze wird zu Front der, »Männer in den besten Jahren«, wie wir sie eben fanden. Nur die Übertreibung der Methode führt zu kritischen Konstellationen – etwa, wenn Erzeuger und Sprößling gemeinschaftliche zarte Bande zu einer Dritten herausbekommen – alles in allem aber tauschen wir dankbar das umfassende Bündnis der Männerwelt gegen den allmählich verschwindenden uniformierten, unehrlichen Respekt ein.[170]

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 170-171.
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