In Kommission und – für eigene Rechnung.

[86] Der Kampf der Geschlechter tobt sich auf Nebenkriegsschauplätzen aus. Da werden Kräfte gegeneinander gemessen, jeder Zoll eroberten Bodens wird verteidigt. Restaurants sind günstiges Terrain für solche Schnitzeljagden. Wo früher in hingebungsvoller Erwartung die Angetraute ihrem hinter der Karte verschanzten Gemahl vom Gesicht abzulesen versuchte, ob sie ihre Krebssuppe und Tournedos auch wirklich spendiert bekommen würde, sitzt heute Madame in ihrer ganzen Selbstherrlichkeit und dirigiert nach dem Speisenplan die Sonntagslaune des Gestrengen.


In Kommission und - für eigene Rechnung

Homo sapiens – laß dir wohlerworbene Rechte nicht rauben, die du dir (deiner Sache allzu sicher!!) verscherzt hast. Für jeden Mann muß es etwas Köstliches sein, in liebevoller Fürsorge sich des leiblichen Wohls der schönen Nachbarin anzunehmen, ihr die Last des Aussuchens durch ein geschickt gewähltes Menu – mit den jeweiligen Lieblingsspeisen! – abzunehmen und temperierte Stimmung nicht durch die Lektüre des Morgenblattes in Timesformat zu verscheuchen – was hier entbehrt, kann an Kaffeehausabenden während der Eheferien voll Wollust nachgeholt werden!

Überhaupt hat die Dame in Begleitung des Kavaliere möglichst wenig mit der Bedienung in Kontakt zu kommen, wenn – ja, wenn nicht die Schicksalsfrage ungeklärt wäre – »wer zahlt?«[86] Darf der Herr zugeben, daß ... ist er verpflichtet, für fremde Mitesserinnen ... und soll er Nachverrechnung zulassen? ...

»Getrennte Kassa«, so heißt es jetzt immer in den Inseratnotrufen bekanntschaftssüchtiger Weiblichkeit. Also konsequente Legitimierung bestehender Gleichberechtigung.

Wenn ein Herr eine Dame zum Theaterbesuch einlädt, übernimmt er damit die Verpflichtung, auch alle Nebenspesen zu tragen – franko Haustür. Wünscht die Begleiterin ihren Anteil beizusteuern, so hat sie dies bei Annahme der Einladung deutlich zu dokumentieren, sonst entfällt das Recht zum Gekränktsein.

Ich sehe weiter Ihre hilfeflehenden Augen vor mir, die Auskunft heischen, ob der bescheidene junge Prokurist, den eine unvorhergesehene Aufforderung im Lokal an den Tisch einer ihm bekannten Gesellschaft gelockt hat, nun auch gezwungen sei, die Zeche des schwachen Geschlechts mitzubegleichen. Seien Sie beruhigt – in unschuldsvoller Reinheit strahlt weiterhin Ihr unbefleckter Gentlemanschild, auch wenn Sie nicht mit Lebemannsgeste für das ungewollte Vergnügen anderer aufgekommen sind!

Nur das würdige Alter in Verbindung mit unantastbarer Position hat eine Art Gewohnheitsrecht, auch in ungeklärten Situationen die Börse zu ziehen, um stillschweigend die präsentierte Rechnung zu honorieren, ohne bei den anwesenden Damen die Erlaubnis hierzu eingeholt zu haben, wie ja auch die berufstätige und selbständige Frau sich, ohne sich etwas zu vergeben, vorbehalten darf, mit Bekannten, Anverwandten oder Freunden nur bei vereinbarter »Repartierung« auszugehen.

Von einer Unverheirateten, mag sie noch so sehr von Glücksgütern gesegnet sein, darfst du keine Barauslage zulassen, es sei denn, daß sie in taktvoller Weise im Namen ihrer Eltern agiert, Kinofreikarten (die schon gekauft sein müssen!!) vorschiebt oder einer älteren Beschützerin die Berappungsarie übergibt.

Wir alle kennen die Zwickmühle des Wollens und Nichtdürfens – gestehe darum freimütig vorher die gähnende Leere deiner Brieftasche und sieh zu, daß du niemals gezwungen bist, eine Rolle zu spielen, die dir nicht zukommt![87]

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 86-88.
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