Der Besuch.

[110] Es ist ein vielsagendes und vielumfassendes Wort: »Besuch«. Geht jemand zu einem Freunde, so macht er einen Besuch; um ein Glas Bier zu trinken, »besucht« man das Wirtshaus, und um andächtig das Wort Gottes verkünden zu hören, »besucht« man die Kirche.

Man besucht Bälle, Konzerte, Theater, Gemäldegallerien, und man wird besucht.

Es gibt auch Menschen, welche wenig Beschäftigung haben, und daher um die Zeit zu verbringen, allen Bekannten einen Besuch machen und diese eines Teiles ihrer vielleicht kostbaren Zeit berauben. Diese Aufdringlichen machen eine »Anstandsvisite«, die besser »anstandslose Visiten« zu nennen wären.

Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 110.
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