In Tirol ist dieselbe ein Nationaltanz. Um 1830 wurde die Tirolienne in etwas veränderter Form auch als Gesellschaftstanz in Deutschland eingeführt.[226]
Die Tirolienne ist ein Rundtanz, verbunden mit Bewegungen der Arme und des Oberkörpers, und die Art, wie letztere ausgeführt werden, macht den Tanz zu einen schönen oder unschönen.
So, wie der Tiroler seinen Ländler ausführt, ist er in unseren besseren Kreisen unmöglich; denn man gibt sich dort in einer Ungezwungenheit, die bei uns Anstoß erregen würde. Der Tiroler faßt sein Diandel bei der Hand, oder das Diandl stemmt die Hände in die Seite, und der Buab setzt seine beiden Daumen in die Achselhöhlen und spannt die Hände über die Brust. So tanzt er lustig seinen Ländler, stampft mit den Füßen dabei auf den Boden, daß es kracht, oder er schwingt mit einem Jauchzer oder Jodler seine Tänzerin hoch in die Luft. Wir pflegen diesen Tanz etwas ruhiger und sinniger auszuführen. Am besten eignet sich natürlich zur Tirolienne der Tiroler Ländler; doch läßt sie sich auch nach einer Polkamazurkamusik tanzen; es dürfen nur als Eingang oder Übergang beim Trio nicht Sätze von vier Takten enthalten sein.
Der Tanz besteht aus zwei Abschnitten von je vier Takten, umfaßt also acht Takte.
Im ersten Abschnitt liegen der pas balancé und der Gehschritt oder pirouette, im zweiten Abschnitt der Walzerschritt oder pas glissé und jeté zu Grunde.
Die Musik steht im 3/4 Takt, Tempo langsam. Die drei Schrittbewegungen erfolgen auf gleichen Taktteilen.
Vorbereitungsstellung: Linker Fuß in 1. Spitzenposition. Das Paar stellt sich wie zum Rundtanz auf, jedoch ohne sich umzufassen, in etwa Fußeslänge von einander entfernt. Der Herr hält die linke Hand der Dame mit seiner rechten über Schulterhöhe (Zwischenhaltung IV). Der andere Arm hat die I. Armhaltung.
Beim ersten Viertel führt der Herr den linken, die Dame den rechten Fuß seitwärts in die zweite Position und dégagiert auf diesen Fuß, während der andere Fuß Spitzenposition bekommt. Gleichzeitig werden die Arme zur I. Armhaltung abwärts geführt. Beim zweiten Viertel wird der zurückstehende Fuß mit Vorwenden dieser Körperseite in die vierte Spitzenposition[227] nach vorn gestellt. Gleichzeitig werden die Arme in die Zwischenhaltung IV vorgeführt. Nun steht das Paar Rücken gegen Rücken (dos á dos). Während des dritten Viertels verharrt das Paar in dieser Stellung (Pose). Beim ersten Viertel des zweiten Taktes wird der vorn stehende Fuß wieder zurückgestellt und erhält dégager. Gleichzeitig werden auch die Arme zurückgeführt. Beim zweiten Viertel wird der andere Fuß an diesen herangezogen und dadurch die Anfangsstellung vis-a-vis wieder herbeigeführt. Während des dritten Viertels verharrt das Paar in dieser Stellung. Nun gehen Herr und Dame, ersterer sich nach links und letztere nach rechts wendend, mit drei Gehschritten und Fußanschließen oder pirouett auf dem Platze herum und fassen sich zum Rundtanz um, wodurch der dritte und vierte Takt ausgefüllt wird. Während der vier Takte des zweiten Abschnittes tanzt das Paar viermal Redowa.
Bei einer von uns arrangierten Abänderung der Tirolienne stellen sich die Paare mit gleichem Abstand im Kreise auf. Während der auf dem dritten und vierten Takt erfolgenden Umdrehung bewegt sich der Herr zu der vor ihm tanzenden Dame und tanzt mit dieser die Redowa. Diesen Platzwechsel setzt der Herr bis zur Wiedererlangung seiner Tänzerin fort. Sind sehr viele Paare vorhanden, so kann nach Belieben abgeschlossen werden, und der Herr bringt dann statt seiner Dame die zuletzt erhaltene Tänzerin zu Platz.