Postkarten und Paketsendungen.

[103] Am den schriftlichen Verkehr zu erleichtern und wohlfeiler zu machen, wurde die Postkarte erfunden. Dieselbe eignet sich aber vorzugsweise für kurze Mitteilungen, welche das Auge Fremder sehr gut vertragen können; anderes einem solchen offenen Blatte anzuvertrauen, ist taktlos.

Darum mache man es sich zur festen Regel, nur gleichgültige Dinge auf diesen offenen Blättern zu behandeln oder sich einer Geheimschrift zu bedienen, die einzig dem Absender und dem Empfänger verständlich ist.

Ist man verhindert, einen längeren Brief zu schreiben, so gewährt die Postkarte eine vortreffliche Aushülfe, und es giebt Fälle, in denen sie uns geradezu unentbehrlich erscheint. Statt den anderen mit endlosem[103] Schweigen zu ängstigen, schreibt man ihm die kurzen Worte: »Bin wohl und vergnügt, nur sehr beschäftigt; Brief später.« Das ist eine durchaus empfehlenswerte Rücksicht, für welche eine Karte vollkommen genügt. Um einen kleinen Auftrag zu erteilen, eine Verabredung zu treffen, eine Vergeßlichkeit gutzumachen u. dgl. m. greift man ebenfalls mit vollem Rechte zur Postkarte. Sie gestattet auf ihrem geringen Raume ein sehr deutliches Eingehen auf das Thema, weil sich hier jede Umständlichkeit in der Anrede und am Schlusse von selbst verbietet, und auch niemand besondere Erwartungen inbezug auf die Schönheit der Ausdrucksweise hegt. Kurz und knapp in der Form zeigt sie eine gedrängte Schreibart und kann deshalb an Höhergestellte, Vorgesetzte und Respektspersonen nicht versandt werden. Diese haben, auch wenn es sich nur um eine geringfügige Mitteilung handelt, stets die Aufmerksamkeit eines Briefes zu beanspruchen. Dasselbe gilt für diejenigen, welchen wir ein Anliegen vortragen oder Dank für eine genossene Wohlthat sagen wollen.

Eine mit Perlschrift ganz bedeckte Karte, oder eine mit gekreuzten Linien, ist nur an die allervertrautesten Freunde möglich, und auch wer raten wir von solcher auffallenden Ausnutzung der Fünfpfennigmarke ab. Ist Stoff und Zeit für zwei engbeschriebene Seiten vorhanden, so lohnt es sich schon, zehn Pfennig an den Adressaten zu wenden, und wäre es auch lediglich, um den Anstand zu wahren.

Wollen wir zum Schlusse noch ein Wort von den Paketen sagen, so sei als Hauptbedingung für deren Verpackung Ordnung und Sauberkeit hervorgehoben. Liederliche Sendungen werfen ein trübes Streiflicht auf den Absender und dienen nicht dazu, ihn in der Achtung des Empfängers zu befestigen. Ueberdies liegt es in seinem eigenen Interesse, alles fest und regelrecht herzustellen; denn beim Versande leidet die Verpackung oft ohnehin erheblich, und es liegt die Gefahr vor, daß auch der Inhalt beschädigt wird. Besonders kostbare Dinge, oder solche, deren Verlust Unannehmlichkeiten verursachen würden, sendet man am besten als Wertstück. Die Versicherungssumme ist so gering, daß es falsche Sparsamkeit wäre, das Risiko zu übernehmen, um sie zu vermeiden. Aus demselben Grunde raten wir von undeklarierten Geldsendungen ab, welche außerdem noch die Gefahr in sich schließen, die Schwachen zur Unredlichkeit zu verleiten.[104]

Quelle:
Schramm, Hermine: Das richtige Benehmen. Berlin 201919, S. 103-105.
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