23. Im Schatten des Todes

[135] Wenn es auch unser Wunsch ist, Frohsinn, Sonnenschein und Lebensfreude als stete Weggenossen durch unser Leben zu haben, so werden wir doch damit rechnen müssen, daß uns auch schwere Schicksalsschläge treffen können. Wir hören die tiefrauschenden Fittichschläge des unerbittlichen Todes in nächster Nähe und stehn am Sarge eines Angehörigen, eines Verwandten oder eines lieben Freundes.

Gewiß, es steht in keines Irdischen Kraft, dem Toten das Leben zurückzugeben, aber unsre Trauer um den herben Verlust ist so groß, so echt, daß wir ihr in irgendeiner Gestalt Ausdruck geben möchten. War es ein guter Freund, der dahin ging, woher keine Kunde kommt, so werden wir zunächst einmal dessen Angehörigen unsre aufrichtige Teilnahme aussprechen. Selbstverständlich werden wir auch der Bestattung beiwohnen und am Sarg einen Kranz niederlegen.

Anders liegen die Dinge, wenn einer unsrer nächsten Verwandten sein Leben ausgehaucht hat. Da stehn uns die unmittelbar Hinterbliebenen vielleicht ebenso nahe oder sogar noch näher, als der oder die Entschlafene. Zu ihnen stehn wir daher in einer Schicksalsgemeinschaft. Wir werden ihnen in den er sten Tagen nach dem Tode wahrscheinlich meist nahe sein und alles tun, sie zu trösten und ihr schweres Los leichter tragen zu helfen. Wo wir nur können, werden wir sie unterstützen, denn in diesen Tagen ist vielerlei zu erledigen, anzumelden und anzuordnen. Sensible Naturen sind in solchen Stunden oft zu nichts fähig und werden es dankbar empfinden, wenn ihnen bereitwilligst geholfen wird.

Wie wir uns sonst zu einem Todesfall stellen, der uns innerlich bewegt, hängt davon ab, wie wir zu dem oder der[135] Verstorbenen standen und ob wir uns auch mit den Hinterbliebenen verbunden fühlen. – Selbstverständlich werden wir dem Wortlaut der schwarzumränderten Todesanzeige, die in der Zeitung erscheint und uns vielleicht auch persönlich in Form einer gedruckten Benachrichtigung zugeht, aufmerksame Beachtung schenken, um nichts falsch zu machen.

Man liest heute oft, daß gebeten wird, von Beileidsbesuchen abzusehen. Diesen Wunsch werden wir selbstverständlich respektieren, falls der Verstorbene nicht ein naher Verwandter ist. Fehlt diese Einschränkung in der Anzeige, so wird es uns bei einem Toten, der uns im Leben nahegestanden hat oder dessen Hinterbliebenen wir uns besonders verbunden fühlen, nicht nur eine Anstandspflicht, sondern ein aufrichtiges Bedürfnis sein, unsre Anteilnahme an dem Verlust anläßlich eines besonderen Besuchs auszusprechen. Trotzdem wird dieser Besuch, entsprechend seinem Sinn und Zweck, nur kurz sein, es sei denn, daß von den Trauernden die gern angebotene Hilfe bei der Erledigung von Formalitäten in Anspruch genommen wird.

Oberster Grundsatz bei einem Trauerbesuch ist, möglichst wenig Worte zu machen. Wir kommen ja nicht, um uns zu unterhalten, sondern, um die andern zu trösten. Da genügen wenige Worte und es wäre nicht angebracht, nun in ungehemmtem Redestrom alle die guten Eigenschaften des Entschlafenen oder gemeinsam verlebte Stunden aus der Vergangenheit auszugraben. Warum die noch offene Wunde stärker bluten lassen? – Der Takt gebietet es, die Anteilnahme in kurzen, zu Herzen gehenden Worten zum Ausdruck zu dringen und sich bald darauf zu verabschieden.

Über die Bekleidungsfrage ist nicht viel zu sagen, denn jedes Kind weiß, daß schwarz die Farbe der Trauer ist. Gewiß, man ist auch in dieser Hinsicht bei uns in letzter Zeit etwas weitherziger geworden. Ein dunkles Kleid der Dame und ein dunkler Anzug oder Mantel des Herrn ist gestattet, wenn der linke Ärmel einen Trauerflor trägt. Auch der Cut ist erlaubt. Lackschuhe werden bei Traueranlässen, wie wir schon einmal sagten, nicht getragen. Natürlich sind auch farbige Schuhe unmöglich. Für Damen wie auch für Herren sind schwarze Handschuhe vorgeschrieben, die aber notfalls fortgelassen werden können.[136]

Quelle:
Volkland, Alfred: Überall gern gesehen. Mühlhausen i. Thüringen 1941, S. 135-137.
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