Es ist keine Seltenheit, daß Künstler zur Feder greifen, um ihren Lebensgang, ihre Eindrücke und Erfahrungen, gleichsam zur Ergänzung ihrer Werke, darzustellen und auf die Nachwelt zu bringen. Beispielsweise sei hier nur an Eduard Hildebrandt, Carl Blaas, Reinhard Sebastian Zimmermann, Theodor Horschelt und Ludwig Richter gedacht. Was diese Darstellungen auszeichnet, ist die Kunst des künstlerischen Sehens, welche dem Schriftsteller von Fach nicht immer eigen ist.
Albrecht Adam's Aufzeichnungen könnte man wahre »Radirungen nach dem Leben« nennen, oder nach neuestem Sprachgebrauche »photographisch treue Reproduktionen« und »Momentaufnahmen« seiner Erlebnisse. Unwillkürlich denkt man z.B. bei seiner Schilderung der russischen Schlachtfelder an Adam's ergreifende Bilder, als wollte er hier den Text dazu liefern.
Der Ton seiner Erzählung ist äußerst einfach, aber ebenso geschickt und sicher. Er malt mit der Feder, ebenso wie er als Künstler mit der Farbe zeichnet. Dabei leitet ihm immer und überall ein feines Gefühl die Hand. Wie geschickt weiß er Abwechselung hineinzubringen, wie gut machen sich nach den furchtbaren Kriegsscenen die kleinen Herzensergüsse, die lyrisch klingenden Intermezzos und die köstliche Idylle am Comersee. Das ist alles so schön, edel, rein und echt menschlich, bringt den strengen, noblen, in der harten Schule des Lebens gebildeten Charakter in ein so klares Licht und in die Erzählung eine erfrischende Abwechselung.[3]
Das Buch schildert aber nicht nur ein höchst achtenswerthes Stück Menschenleben, sondern ebenso einen ansehnlichen Abschnitt der Weltgeschichte. Somit wird es nicht allein dem Künstler und Historiker, sondern auch dem Krieger und Laien, überhaupt jedem Leser eine angenehme Erholung und Belehrung gewähren. Was Albrecht Adam ursprünglich nur für seine Kinder und deren Familie schrieb, darf sicherlich auch in den weitesten Kreisen auf gleiches Interesse rechnen.
So ist das Buch ein würdiges Denkmal zur Feier des hundertjährigen Wiegenfestes des seiner Zeit gefeierten und – wie auch unterdessen Auffassung, Geschmack und Technik sich geändert haben mögen – auch jetzt noch ebenso hochgeachteten Malers.
Besonderen Dank verdient Frau Wilhelmine Seiler, die zweitjüngste Tochter des Künstlers, welche diesen Schatz der väterlichen Tradition mit größter Pietät hütete und die etwaigen Bedenken anderer Familienglieder gegen die Publication dieser Aufschreibungen zu beseitigen wußte. Von ihr erhielt die Verlagshandlung schließlich eine Copie, welche, sorgfältig mit der Originalhandschrift des Künstlers verglichen, die Basis des nachstehenden Buches ergab. Diese selbst poetisch begabte und schriftstellerisch veranlagte Dame förderte den Herausgeber durch Mittheilung von Briefen und Notizen, welche zum Abschluß des Lebensbildes vielfach benützt und verarbeitet wurden, wobei meine eigenen, seit Jahren angelegten, umfangreichen Collectaneen gute Hilfe gewährten.
Der Herausgeber hat dem Texte, außer den Anmerkungen, nichts hinzugethan, nur durchgehends behutsam geglättet und allzu Familiäres gekürzt, eine Arbeit, welche mehr Zeit und Mühe in Anspruch nahm, als der freundliche Leser fühlen mag. Dabei ist wohl die Andeutung erlaubt, daß die Methode, welche Herr A. Wolf bei Ueberarbeitung der Memoiren von Carl Blaas beobachtete, auch für uns beiläufig maßgebend war.
München, 25. Februar 1886.
Dr. H. Holland.[4]