[68] In diesen Jahren kam ich auf dem Wege nach oder von Italien wieder häufiger nach Wien, wo ich nähere Beziehungen zu verschiedenen gerade damals sehr eifrigen Sammlern anknüpfte, namentlich zu den Brüdern Albert und Carl Figdor und zu Baron Nathaniel Rothschild. Letzterer hatte sein prächtiges Palais auf der Wieden in der Theresianumgasse, in der ich selbst ein Jahr lang gewohnt hatte, kurz vorher fertig gebaut und mit dem ihm eigenen, ausgesuchten Geschmack aufs reichste mit alten Möbeln, Dekorationsstücken und Kunstwerken ausgestattet. Als Architekt und Dekorateur war er der bedeutendste dieser kunstsinnigen Familie. Das Kunstwerk als solches galt ihm weniger als die Wirkung, die es im ganzen machte. Bald, nachdem ich ihn zum erstenmal in Wien aufgesucht hatte, erwiderte er diesen Besuch in Berlin. Er war erstaunt, so manches Ausgezeichnete, namentlich an Renaissancebildwerken, bei uns zu finden, war aber entsetzt, daß man dafür nicht sofort ein prächtiges Museum erbaue; begreiflich bei einem Manne, von dem man sagte, daß er nicht leben könne, ohne zu bauen. Wie wenig er, wie ja nicht selten Fürsten und Geldmagnaten, einen Begriff vom Gelde hatte, erfuhr ich gerade bei jenem Besuche in Berlin. Ich holte ihn vom Bahnhof ab; er ließ sich eine ganze Anzahl kleiner Gepäckstücke zum Wagen tragen und gab dem Träger dafür ein Zehnpfennigstück. Dieser lächelte und meinte, der Herr habe sich wohl vergriffen. Darüber wurde Herr von Rothschild ganz entrüstet; zehn Pfennige seien reichlich für diesen kleinen Weg, er würde sich über ihn beschweren. Ich suchte den[68] Mann rasch zu besänftigen, indem ich ihm ein Markstück in die Hand drückte.