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[210] Im Februar 1909 statteten König Eduard und seine Gemahlin unserem Kaiserpaar ihren ersten Besuch ab. Sie besuchten an einem bitterkalten Tage das Kaiser-Friedrich-Museum. Der Kaiser kam pünktlich zur angesagten Zeit. Die übrigen hohen Herrschaften ließen aber lange auf sich warten. Der Kaiser ließ mir einen Stuhl holen und sprach im Vorplatz über allerhand Museumsangelegenheiten. U.a. stimmte er meinem Vorschlage bei, die Treppe am Haupteingang, dem ursprünglichen Plan entsprechend, umzulegen und direkt in den Raphael-Tapetensaal zu führen. Dann klagte er darüber, daß König Eduard sehr gealtert sei; er könne nicht mehr lange leben. Auch die Politik streifte der Kaiser kurz, es sei ein Jammer, daß sein Onkel sein Dichten und Trachten ganz auf Isolierung Deutschlands richte, statt daß die beiden germanischen Nationen zusammenarbeiteten gegenüber dem Verfall der romanischen Völkerschaften.
Das Interesse des Königs Eduard an den Kunstwerken war nicht groß. König Eduard hatte an den Porzellanfigürchen und den Goldplaketten Cellinis am meisten Freude, die Königin an den Bronzestatuetten. Sie hätte dieselben auch in Windsor, wo sie in ihren Privaträumen alle primitiven Kunstwerke vereinigt habe. Ihre Schwerhörigkeit machte die Verständigung sehr schwierig.
Ein paar Jahre später, im August 1912, hatte ich den Besuch der jungen Königin Mary, die mit ihrer Tochter von Strelitz herübergekommen war, bloß um einmal das Kaiser-Friedrich-Museum[210] anzusehen, wie sie sagte. Sie schien lebhaft dafür interessiert zu sein, wie mich später auch Sir Edward Grey in einem Dankesbrief versicherte, der einzigen Beziehung, die ich zu diesem Erben der großen »Einkreisungspolitik« seines Königs je gehabt habe.