|
[115] Nachdem der Plan für das Renaissance-Museum festgestellt, die Mittel bewilligt und der Bau im Frühjahr 1897 begonnen war, hatte ich Muße, für gute alte Ausstattungsstücke zu sorgen, die damals noch leichter zu beschaffen waren als heute. Gleichzeitig suchte ich einige Abteilungen, namentlich der plastischen Sammlung, die bei uns früher stark vernachlässigt waren, noch auszubauen, um bei der Eröffnung des Museums die Sammlungen vollständiger und vielseitiger zeigen zu können. So fehlte die altchristliche wie die byzantinische Plastik und Kleinkunst fast vollständig. Ich hatte die Berufung von Dr. Voege, der früher schon kurze Zeit bei der Abteilung gearbeitet hatte, gerade zu dem Zwecke vorgeschlagen, um Erwerbungen in dieser Richtung zu machen.
Da mir im italienischen Handel altchristliche Altertümer nur ganz selten vorgekommen waren, schien mir die Türkei ein günstigeres[115] Feld dafür, um so mehr, als wir schon 1891 aus Konstantinopel ein paar interessante Stücke hatten erwerben können. Die Reise des Kaisers nach dem Orient bot die günstige Gelegenheit, um durch seine Vermittlung eine Erleichterung des Ausfuhrverbots bei der türkischen Re gierung durchzusetzen. Sie wurde zugesagt, leider aber später kaum berücksichtigt. Voege ging 1898 auf kurze Zeit nach Konstantinopel, Smyrna und Saloniki. In Smyrna konnte er eine Sammlung altchristlicher Bronzelampen und kleiner Bronzekruzifixe im Besitz des französischen Konsuls erwerben. Sonst aber zeigte es sich, daß ein größerer Vorrat von käuflichen altchristlichen Kunstwerken in der Türkei nicht vorhanden war, und daß es für die gelegentlich auftauchenden Stücke, bei dem Wahlspruch der Orientalen »col tempo«, besonderer Unterhändler an Ort und Stelle bedarf, um die Gelegenheit zu entdecken und auszunutzen. Auf diese Weise gelang die Erwerbung von einigen wertvollen Stücken durch Vermittlung unseres Generalkonsuls Stemrich in Konstantinopel. Später hat unser damaliger Vertreter in Konstantinopel, der jetzige Direktor der Antikenabteilung, Theodor Wiegand, im Laufe der Jahre eine Anzahl wertvoller altchristlicher und namentlich auch byzantinischer Dekorationsstücke und Skulpturen zusammengebracht.
Zu einer wesentlichen Erweiterung dieser Abteilung in anderer Richtung bot ein Aufenthalt von Professor Jos. Strzygowski in Ägypten während des Winters 1901/02 erwünschte Gelegenheit. Ich hatte etwa 20000 Mark für Erwerbungen dort aus Beiträgen von Museumsfreunden und aus dem Honorar eines von mir verfaßten Katalogs gesammelt. Strzygowski hat mit diesen mäßigen Mitteln in kurzer Zeit dank seiner ausgezeichneten Kenntnisse dieser Epoche und seiner Findigkeit eine Sammlung byzantinischer und namentlich koptischer Antiquitäten für unsere Museen zusammengebracht, die an Vielseitigkeit und archäologischem Interesse selbst der gleichen Sammlung des Museums in Kairo nicht nachsteht, nachdem sie seither durch den früheren Direktor der Khedivial-Bibliothek, Professor Moritz, u.a. noch in erfreulicher Weise[116] bereichert werden konnte. Gleichzeitig hat sich diese Abteilung aber auch für die altchristliche Kunst Italiens durch eine ansehnliche Zahl archäologisch interessanter Stücke, meistens von Marmorsarkophagen und Fragmenten, in erwünschter Weise erweitern lassen, namentlich dank der Vermittlung von Dr. Ludwig Pollak in Rom.