Der Mann mit dem Goldhelm und andere Erwerbungen

[124] In diesen Krankheitsjahren, von 1895 bis 1899, konnte ich dank der alten Beziehungen auch jetzt noch von London und Paris durch Photographien und direkte Ansichtssendung gelegentlich hervorragende Erwerbungen für die Galerie machen, meist zu sehr mäßigen Preisen. So u.a. Jan van Eycks frühe Kreuzigung (um 10000 Mark), das leuchtende Jugendbild van Dycks »Satyrn und Nymphen« (8000 Mark), das »Junge Paar beim Wein« von G. Terborch (10000 Mark), Rembrandts »Mann mit dem Goldhelm« (20000 Mark). Letzteres Bild war mir schon mehrere Jahre früher von der Schweiz aus durch eine sehr mangelhafte Photographie angeboten worden, aber später aus den Augen gekommen. Da schickten es mir eines Tages P. und D. Colnaghi ins Haus; sie wünschten zu wissen, ob Hauser sich getraue, das arg vernachlässigte Bild wieder instand zu setzen. Ich antwortete, daß Hauser den Erfolg einer Restauration für sehr fraglich hielte, daß ich aber bereit sei, auf das Risiko hin bis zu 1000 £ für das Bild zu zahlen. Dieses Angebot wurde angenommen, und erfreulicherweise gelang die Restauration des Kunstwerks, das sich unter argem Schmutz als völlig erhalten erwies, ganz vortrefflich. Das Bild ist heute eines der populärsten Gemälde unserer Galerie.

Ein anderes Bildnis von gleicher Qualität konnten wir um dieselbe Zeit in der Versteigerung des Nachlasses von Sir E. Millais erwerben: das Porträt eines Engländers von Hans Holbein. Das Bild, das mir schon auf der Holbein-Ausstellung in Dresden 1871 großen Eindruck gemacht hatte, versuchte ich später vergeblich von seinem Besitzer, dem Maler Millais, zu erwerben. Als es 1897 in der Versteigerung seines Nachlasses bei Christies zum Ausruf kam, verlas der damalige Chef des Auktionshauses, Mr. Woods, eine kurze Aufzeichnung des Verstorbenen, des Inhalts, daß ich das Werk für eines der schönsten Gemälde des jüngeren Holbein erklärt und 3000 £ dafür geboten habe. Der Erfolg dieser Taktlosigkeit von Mr. Woods war, daß wir den vollen Preis von 3000 £ zahlen[125] mußten, immerhin auch damals eine mäßige Summe für das herrliche Bild!

Eine andere wichtige Erwerbung gelang uns durch das patriotische Entgegenkommen der Besitzer. Als nämlich im Winter 1895/96 in Frankfurt der alte Herr von Brentano, Besitzer der Miniaturen und des großen Gemäldes von Fouquet, starb und mir mitgeteilt wurde, daß die Tochter wahrscheinlich zum Verkauf des Bildes bereit sei, wandte ich mich sofort nach Frankfurt, um den Preis des Bildes zu erfahren. Etwa 200000 Mark erhielt ich zur Antwort. Das schien mir ein pretium affectionis, den wohl der Louvre für das seltene Werk des größten französischen Meisters im XV. Jahrhundert zahlen konnte, nicht aber unsere Galerie.

Auf eine direkte Anfrage bei der Erbin bekam ich aber die Antwort, daß sie das Bild einer deutschen Sammlung um 80000 Mark zu verkaufen bereit sei. Ich akzeptierte sofort, und wir zahlten die Summe aus den Mitteln unseres jungen Museumsvereines, der damals gerade die Mehrzahl der Erwerbungen für uns machte oder vermittelte.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 124-126.
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