Die Villa Falconieri

[179] Auf der Fahrt nach Italien, auf der ich die Erwerbung dieser Sammlung in Aussicht nahm, traf ich in Rom mit unserem Ministerialdirektor Althoff, Geheimrat Schmidt und dem Finanzminister von Rheinbaben zusammen, welche die Villa Falconieri über Frascati besichtigen wollten, die einige Zeit vorher von Ernst v. Mendelssohn dem Kaiser für die Akademie der Künste geschenkt war und jetzt für sie hergerichtet werden sollte.

Der Plan, in Rom eine deutsche Akademie, nach dem Muster der französischen und spanischen Akademie, zu gründen, datierte schon viele Jahre zurück und war von Kaiser Wilhelm II. lebhaft wieder aufgenommen worden. Sobald die Kunstabteilung in Althoffs Hände überging, begann er mit der Verwirklichung des Planes. Die bildenden Künste, für die Althoff Sinn und Verständnis abgingen, glaubte er in derselben Weise fördern zu müssen wie die Universitäten, durch Schaffung immer neuer Unterrichtsinstitute und neuer Professuren. In erster Linie stand ihm, zumal er dadurch einem Wunsche des Kaisers nachkam, die Gründung dieses Institutes in Rom. Da staatliche Mittel dafür in absehbarer[179] Zeit nicht zu erlangen waren, so sah er sich nach einem Stifter um. Hatte er doch, dank seiner eindringlichen Überredungskunst, ein besonderes Talent, reiche, Leute für die Ausführung oder Unterstützung seiner kostspieligen Pläne zu gewinnen. Er folgte darin, wie er mir selbst sagte, dem Beispiel, das ich ihm gegeben hätte, aber seine Erfolge waren bedeutender, da er sich dank seinem Einflusse den Stiftern auf die eine oder andere Weise dankbar erzeigen konnte, während die zahlreichen Gönner, die sich den mir unterstellten Abteilungen unserer Museen, wenn auch meist mit bescheideneren Gaben, nützlich erwiesen haben, regelmäßig keine andere Gegenleistung von mir erwartet haben als weitere Beihilfe beim Sammeln für ihre eigenen Kunstsammlungen und bei der Einrichtung ihrer Häuser.

In unserem Ministerium wie im Abgeordnetenhause hat man dieses Verhältnis zwischen mir und den Gönnern der mir unterstellten Sammlungen nie verstanden. Man hat stets angenommen und darüber geklagt, daß an den Museen Titel- und Ordensschacher getrieben würde, weil man nicht wußte oder nicht verstand, daß die Geschenke doch nur Gegenleistungen waren für Gefälligkeiten und den Nutzen, den ich den Schenkern dadurch, daß ich für sie sammelte, einbrachte. Haben sie doch Hunderttausende und selbst Millionen an ihren Sammlungen gewonnen, wogegen ihre Gaben an die Museen nur einen kleinen Prozent satz betrugen, wenn sie sich überhaupt zum Schenken bewegen ließen.

Zu dem Plane, die Villa Falconieri anzukaufen, um sie zu einem preußischen Studienhaus für Künstler umzugestalten, war Althoff durch den Dichter Voß beredet worden, der die Villa jahrelang bewohnt hatte. Daß weder die Lage, weit von der Stadt und hoch über Frascati, noch die Verhältnisse sie zu dem Zweck besonders geeignet erscheinen ließen, erkannte man zu spät. Der Schenker Ernst von Mendelssohn mußte noch eine gleichgroße Summe zu ihrer Herrichtung verwenden, und seit ihrer Eröffnung dient sie diesem oder jenem »verdienten« älteren Beamten oder »Künstler« zu gelegentlichem[180] Erholungsaufenthalt; die ersten waren Ludwig Justi und Arthur Kampf. Hoffentlich wird sich der ursprüngliche Zweck der Villa mit der Zeit doch noch erreichen lassen, wenn auch inzwischen Ed. Arnholds »Akademie« in der vom Architekten Zürcher so geschmackvoll hergerichteten Villa bessere Gelegenheit an günstigerem Platz gebracht hat.

Im Sommer 1905 hatten wir die Magazinräume der Gemäldesammlung im Kaiser-Friedrich-Museum fertig eingerichtet. Da ich von jeher auf möglichste Einschränkung des Bestandes von nicht ausgestellten Kunstwerken bedacht war, hatte ich, was irgend brauchbar war, auf Wunsch leihweise an die Provinzi alsammlungen oder zur Dekoration in staatlichen Bauten abzugeben gesucht. Davon mußten aber die aus den Königlichen Schlössern stammenden Gemälde ausgenommen bleiben, die infolgedessen ein unnötiger Ballast für unsere Magazine waren. Ich schlug deshalb dem Oberhofmarschall vor, sie nebst einigen rein dekorativen Bildern unseres Besitzes (im ganzen mehr als 100 Gemälde) wieder in die Schlösser zurückzunehmen und aus diesen einige für uns brauchbare Gemälde endgültig zu überweisen. Aus meiner Liste traf der Kaiser eine definitive Auswahl; darunter befanden sich ein paar Rubens, das frühe Simsonbild von Rembrandt, ein Romanino und ein paar französische Bilder des 18. Jahrhunderts, namentlich ein größerer Boucher. Letztere waren, als wir sie übernahmen, wieder gestrichen worden.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 179-181.
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