Erwerb der Sammlung Löbbecke

[166] Damals bot sich mir die Gelegenheit, mich – wie früher schon wiederholt – dem Münzkabinett nützlich zu erweisen. Die ganz hervorragende Sammlung griechischer Münzen im Besitz des Braunschweiger Sammlers Löbbecke war dem Kabinett schon seit längerer Zeit für den Preis von 700000 Mark angeboten. Vergeblich hatte der lebhaft für die Erwerbung interessierte Generaldirektor den Finanzminister um eine besondere Bewilligung dafür angegangen; es erfolgte immer nur schroffe Ablehnung. Als sich der Kaiser zufällig Ende des Jahres 1904 im Museum angemeldet hatte, um die eben angekommenen beiden Tafeln von Simon Marmion in Augenschein zu nehmen, bat mich der Direktor der antiken Münzenabteilung, Dr. Dressel, doch dabei direkt beim Kaiser einen letzten Versuch zu machen. Der Verkauf der Sammlung nach dem Ausland würde eine Schmach für Deutschland sein und würde uns um die glänzendste Vervollständigung unserer Sammlung bringen. Ich bat ihn, eine Anzahl der schönsten Stücke in mein Zimmer zu stellen, in dem auch die Bilder von Marmion standen.

Als wir den Kaiser am Portal erwarteten, sprach ich dem Generaldirektor davon und bat ihn um sein Einverständnis. Er sagte, ich wisse, wie er sich für die Sammlung interessiere und beim Finanzminister ins Zeug gelegt[166] habe. Ich möge tun, was ich nicht lassen könne, er dürfe sich nicht mehr damit befassen. Der Kaiser sah die Münzen in meinem Zimmer auf dem Tische liegen und fragte, während er einen Blick darauf warf, was sie hier zu tun hätten. Ich trug ihm daraufhin die Angelegenheit vor und hatte die Freude, dank der starken Wirkung, welche die herrlichen Stücke, namentlich die Syrakusaner Silbermünzen, auf den Kaiser ausübten, seine Zustimmung zum Ankauf zu erlangen. Für mich hatte der Handel aber die Wirkung, daß der Minister von Studt mir später mitteilte, er habe mir offiziell zu eröffnen, daß der Finanzminister mir sein Mißfallen über einen derartigen direkten Appell an Seine Majestät aussprechen ließe; er persönlich danke mir, daß ich den Ankauf durchgesetzt habe.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 166-167.
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