Kämpfe im Ministerium

[27] Inzwischen hatten die heimlichen und offenen Kämpfe innerhalb des Ministeriums immer noch zugenommen, und gegen diese gab es leider keinen Arzt, da keiner der Minister imstande war, sie zu beseitigen. Schoenes Antipode im Ministerium war Friedrich Althoff, der Referent für die Universitäten seit etwa 1884. Sein Vorgänger Goeppert, ein naher Freund von Schoene, war 1882 jung gestorben. Schoene hatte sein Ressort vertretungsweise fast ein Jahr verwaltet, seine wichtigste Aufgabe, einen Nachfolger zu finden, hatte er aber nicht gelöst, so daß der Minister schließlich selbst entschied und, auf Vorschlag von General von Manteuffel, den Professor[27] Friedrich Althoff in Straßburg an die Stelle berief. Dieser war eine in jeder Beziehung Schoene entgegengesetzte Natur: voll großer, weitsichtiger Pläne, zielbewußt, energisch bis zur Rücksichtslosigkeit und ohne Scheu in der Wahl seiner Mittel. Die feinere, vorsichtigere und oft ängstliche, wenn auch zähe Art Schoenes war seinem Wesen und Vorgehen von vornherein unsympathisch. Es kam bald zu offenen Kämpfen, in denen Althoff regelmäßig siegte, wenn Schoene auch meist in der Form recht gegeben wurde. Gleich der erste ernste Zusammenstoß endete so und hat leider für immer ein Zusammenarbeiten der beiden ausgezeichneten Männer unmöglich gemacht. Durch den Tod von Richard Lepsius 1884 war die Stellung des obersten Leiters der Kgl. Bibliothek frei geworden, deren gründliche Reform zudem ein längst erkanntes Bedürfnis war. Zur Vorbereitung derselben wurde eine Kommission eingesetzt, deren Mitglied Schoene war. Als Teilnehmer hatte dieser auch Fr. Lippmann vorgeschlagen, der sein Kandidat für den Oberbibliothekarposten war. Lippmann hatte dafür ganz besondere Qualitäten. Ohne eigentlich Gelehrter zu sein, wußte er sich in alle Methoden sehr rasch hineinzufinden, vor allem hatte er aber eine außerordentliche technische Begabung und eine vorzügliche Kenntnis des Betriebes großer, modern geleiteter Bibliotheken, namentlich der des British Museum. Darauf kam es bei der Reform der Berliner Bibliothek in erster Linie an. Aber Althoff wollte von Lippmann nichts wissen, ja, er ging sogar so weit, Schoene bei den Einladungen zu den Kommissionssitzungen ganz zu »vergessen«. Ein besonders ungeeigneter Professor aus Göttingen wurde zum Oberbibliothekar berufen, und, um Schoene noch besonders zu kränken, mit dem Titel Generaldirektor geehrt.

Eine weitere Schwächung von Schoenes Stellung erfolgte nicht sehr viel später durch den Rücktritt Conzes von der Antikenabteilung der Museen, da er diesen Posten 1887 mit der vorteilhafteren und selbständigeren Stellung des Generalsekretärs des Archäologischen Institutes vertauschte. An seine Stelle trat nach Jahresfrist der archäologische Lehrer Kaiser Wilhelms[28] II. in Bonn, Professor Kekule, zwar ein naher Freund Schoenes, dem aber die zielbewußte Sachlichkeit, die Pflichttreue und Energie Conzes, durch die dieser dem Generaldirektor eine große Stütze gewesen war, fehlten. Inzwischen hatte sich zweimal in wenigen Monaten der Regierungswechsel an höchster Stelle vollzogen. Dem neuen Kaiser stand der Generaldirektor fern, und seine Art war von dessen eigener Natur so grundverschieden, daß es ihm nie gelungen ist, ein Verhältnis zu ihm zu finden. Doch ich will dem Gang der Ereignisse nicht vorgreifen.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 27-29.
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