Museumsbauten

Gründung der kunstgeschichtlichen Gesellschaft

[64] In Berlin machten unsere Sammlungen in diesen Jahren weiter gute Fortschritte, aber es fehlte die Frische und Freudigkeit des vorausgehenden Jahrzehnts. Im Herbst 1886 wurde das neue Museum für Völkerkunde feierlich eröffnet, wobei der Kronprinz den Kaiser vertrat. Er schien keine rechte Freude an dem Bau zu haben und amüsierte sich daher mehr über die Gesellschaft. Einem bekannten Kölner Reisenden, dessen stattliche Figur mit Bändern und Sternen exotischer Orden übersät war, sagte er, indem er diese Dekorationen ganz in der Nähe musterte: »Donnerwetter, wenn ich doch auch solche Verdienste gehabt hätte!« Der Bau, den wir offiziell bewundern mußten, ist ein Beispiel der nüchternen »Nützlichkeitsbauten« jener Jahre, welche meist ebenso geschmacklos wie wenig zweckdienlich ausgefallen sind. Das gilt ganz besonders gerade für diesen Bau, der durch seine Eisensäulen und offene Wellblechdecken, durch sein Licht von beiden Seiten, seinen Eingang und sein Treppenhaus ebenso unfreundlich wie unpraktisch und feuergefährlich ist. Auch bot er damals nur gerade Platz für die reichen, durch Bastian zusammengebrachten Schätze und erschien daher schon nach zehn Jahren wie ein wüstes Magazin.

Um die gleiche Zeit gelang es meinen Kollegen Lippmann und Dohme, mit mir die Berliner »Kunstgeschichtliche Gesellschaft« zu gründen, in der wir die Kunsthistoriker, Kunstfreunde und Sammler Berlins zu vereinigen suchten. Monatlich[64] versammelt sich die Gesellschaft zu kunstgeschichtlichen Vorträgen, Mitteilungen über Kunstversteigerungen und allerlei aktuelle Fragen. Sie hat sich jetzt bald durch ein Menschenalter lebendig erhalten und wird, trotz der Schwierigkeit eines engeren Zusammengehens gerade in Berlin, in diesem aus sehr verschiedenen Kreisen zusammengesetzten Zirkel hoffentlich dauernd das Interesse an alter Kunst aufrechtzuerhalten und zu fördern bestrebt sein.

Die langjährigen Beratungen über die Umgestaltung und die Neubauten der Museen auf der Insel fanden Ende desselben Jahres 1887 einen vorläufigen Abschluß. Wir einigten uns dahin, daß ein eigener Bau für die Antike und ein zweiter für die Kunst von Mittelalter und Renaissance angestrebt und das Alte Museum für die Anfänge der deutschen Kunst des XIX. Jahrhunderts der Nationalgalerie überwiesen werden solle, während das Neue Museum ganz der ägyptischen und vorderasiatischen Kunst einzuräumen wäre, und das Kupferstichkabinett bei einem Neubau der Bibliothek in diese mit hinübergenommen werden solle. Die große Veränderung, die gleich das folgende Jahr im Wechsel der Herrscher Preußens und Deutschlands wie in dem unseres Protektors brachte, die Kämpfe im Innern und wichtigere Aufgaben, die der Wechsel nach sich zog, ließen die Frage unserer Museumsbauten lange in den Hintergrund treten. Als sie schließlich wieder in Fluß kamen, wurde die Lösung doch eine wesentlich andere.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 64-65.
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