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[6] Im März, bald nach Schluß der Ausstellung, machte ich mich wieder nach Italien auf, diesmal mit meiner Frau, deren Freude und feines Verständnis für alte Kunst mir die Reise ebenso genußreich machte, wie mir ihr feiner Qualitätssinn bei Erwerbungen von Nutzen war. Im Herbst vorher hatte ich die Reise teilweise mit O. Hainauer zusammen gemacht. Damals erwarb ich einige treffliche Modelle wie die Magdalena von Verrocchio und die kleine Büste des Herzogs von Urbino, dann als Ausstattungsstücke für das Renaissancemuseum, das erst zwanzig Jahre später zur Ausführung kommen sollte, die Portativmadonna aus den Marken und das prächtige Chorgestühl des Pantaleone. Diesmal brachte ich unter anderem den interessanten desco da parto von Masaccio, die reizvolle Allegorie der Musik von Filippino, die Bronzebüste Papst Gregors XIII., das unglasierte Lünettenrelief von Luca und die merkwürdige Marmorbüste der Maddalena Cibo nach Berlin zurück.
Meinen Weg hatte ich über Paris genommen. Als mir Charles Sedelmeyer verschiedenes zeigte, was mir für uns zu unbedeutend erschien, sagte ich ihm, er hätte die zwei Rembrandts (Susanna und Vision Daniels) kaufen sollen, die Sir S. Lechmere in der eben geschlossenen Winter-Exhibition ausgestellt habe; das sei etwas für unsere Galerie. Da schlug er einen Vorhang zurück und vor mir standen die beiden gewünschten Bilder! Ich machte mit ihm aus, daß er die Gemälde gleich nach meiner Rückkehr aus Italien nach Berlin schicken[6] solle. Dafür, daß mindestens eines gekauft würde, wolle ich mich verbürgen. Gleichzeitig teilte ich ihm mit, daß ein noch bedeutenderes Bild Rembrandts ähnlicher Art sehr wahrscheinlich auch jetzt käuflich sei, die »Potiphar« in Grittleton House. Ich hätte kürzlich den schönen Metsu dieser Sammlung bei Baron Alfred Rothschild gesehen, der Besitzer müsse also verkaufslustig sein. Sedelmeyer trat daraufhin in Verbindung mit dem Besitzer, Sir John Neeld, und einige Monate später war auch dieses Bild Eigentum unserer Galerie. Mit den beiden Lechmereschen Bildern hatte ich inzwischen eigentümliche Erlebnisse gehabt. Die Meinungen darüber waren in der Sachverständigenkommission geteilt; beide Bilder wurden sehr bewundert, aber die einen bevorzugten die in der Malerei brillantere »Susanna«, die anderen dagegen die weit tiefer empfundene »Vision des Daniel«. Die Mehrheit stimmte für die »Susanna«. Da wußte es L. Knaus, dem es der »Daniel« angetan hatte, durchzusetzen, daß auch dieses Bild noch angekauft wurde. Und mit gleicher Begeisterung stimmte die Kommission später auch dem Ankauf der »Potiphar« zu.
Ich war nur zwei Tage in Paris gewesen, traf meine Frau in Basel, wo sie bei den lieben Freunden His-Heusler wohnte, und reiste mit ihr nach Mailand weiter. Hier begegnete ich Henry Wallis im Café Cova. Als ich ihm stolz von den beiden Rembrandts erzählte, erwiderte er trocken: »Well, you know, one is very ugly and the other is not genuine, it is an Eeckhout.«