Das Pastell.

Diese Malart ist zuerst wieder in den letzten zwanzig Jahren zu größerer Verwertung gekommen.

Nachdem es in der Zopfzeit Triumphe in der Darstellung schöner Frauenköpfe gefeiert hatte, war das Pastell allmählich ganz als Darstellungsart aus dem Gebrauch gekommen.

Es hat durch seine feinen, staubigen Farbtöne eine bestechende Wirkung, die für Anfängerarbeiten desto gefährlicher ist, je weniger studiert noch so ein Werk ist und dennoch nach was aussehen kann.

Der fertige Maler wird aber durch das Pastell die Arten seiner Werke vermehren. Er wird mit diesen Stiften schnell und bequemer Skizzen sich notieren können, Zeichnungen durch Hinwischen einzelner, leichter Farben größeres Leben verleihen, und auch zur Abwechselung Arbeiten in reiner Pastellart zu seinem Vergnügen und dem des Publikums schaffen.

Die Farben werden immer wieder übereinander bis zur Zufriedenheit aufgetragen; wenn man auch mit dem größten Ernst,[125] wie es jedes Kunstwerk verlangt, an das Pastell herangeht, wird es dennoch immer den Anschein von etwas Billigem haben, schon wegen der angenehmen Farbenwirkung von vornherein, und wegen jeglichen Mangels scheinbarer Abmühung darin, was ein Kunstwerk dennoch besitzen muß, wenn die Mühe auch nicht zu Tage treten soll.

Dazu kommt noch die schwierigere Fixiermöglichkeit. Ein kleiner Zufall kann die ganze Herrlichkeit in Staub aufwirbeln lassen.

Das alles macht die Pastellausführung gerade nicht sehr begehrenswert.

Nur Künstler allerersten Ranges, die sich diese Manier zum Ausdruck ihrer Eigenart gewählt haben, leisten auch darin Außerordentliches.

Der Einzigste hierin ist Degas.

Seine Tänzerinnen im Rampenlicht, seine Logen mit elektrischer Beleuchtung sind Herrlichkeiten der darstellenden, farbenauflösenden, lichtsprühenden Malprobleme, wo alle Körperhaftigkeit geradezu verschwunden ist und nur die Erscheinung bleibt.

Er (Degas) hat seine Pastellmalerei so ausgebildet, daß sie ein Geheimnis für uns andere geworden ist:

Er fixiert die einzelnen Schichten, so daß der Auftrag aus millimeterstarker Farbschicht besteht, die Farbmasse liegt fest wie Ölfarbe und bröckelt eher stellenweise fort, als daß sie wegstäubt, und sie verliert durch seine Manipulationen vor allen Dingen auch nicht ihren Glanz.

Hier wäre der Abschluß der Abhandlung für den Lernenden.

Der dritte Teil – zwar bezugnehmend auf den er sten und zweiten – wird Ratschläge für den selbständig ausführenden Künstler enthalten, der aber immer ein Lernender bleibt.

Quelle:
Corinth, Lovis: Das Erlernen der Malerei. Berlin: Bruno Cassirer, 1920, S. 123-126.
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