59 [57] Brief an August Macke

Sindelsdorf, 13.8.1911


Lieber August, ... Schreib mir doch auch bitte genau, wie Du den Eindruck, den Deine Arbeiten auf Münter gemacht haben, einschätzt, – nicht um der besonderen Wichtigkeit halber, die ich dem Münterschem Urteil beimesse, sondern nur, um mir aus den beiden Berichten (Deinem schriftlichen und dem mündlichen von M.) ein klares Bild dieses Eindrucks zu machen. Sie ist schließlich der einzige fremde Künstler, der Deine ganzen Arbeiten jetzt kennengelernt hat und völlig unbefangen vor sie getreten ist. Kandinsky mag Deine beiden Sachen, die bei mir hängen, recht gut, aber er möchte, glaub ich, daran ›weitermalen‹, auf irgendein malerisches Zentrum hin, das das Bild vertieft. Er sprach das nicht so aus, aber ich hatte das Gefühl, das er so was dachte. Aber beide Sachen haben ihn sichtlich gefreut. Kandinskys Art, Bilder anzusehen, ist nie einseitig; ich hab aus seiner Art zu urteilen, viel gelernt; ich kann es hier nicht mit ein paar Worten beschreiben, aber ich glaube, Du wirst Dich in diesem Punkt mit ihm gut verstehen. Ich mache jetzt die verschiedensten Sachen, auch eine Menge kleiner Skizzen und Versuche, und arbeite ziemlich viel draußen, vor allem im Wald ...

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 57.
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