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Mai 1913
Lieber Kandinsky, beifolgend die Zeilen [Aufzeichnungen und Schriften Nr. 20, d. Hrsg.], die ich Ihrem Buch widmen möchte; es würde mich freuen, wenn Sie eine angenehme Empfindung bei der Lektüre derselben hätten; ich bitte Sie aber sehr, mir ganz aufrichtig zu sagen, ob Sie Ihnen lieb sind und was Sie eventuell an ihnen stört oder peinlich ist. Walden schickte mir heute Werbe-Prospekte eines Rundschreibens für den Verein der Kunst; ich hielt's nicht mehr aus und schrieb ihm ausführlich, was ich vom ›Sturm‹ als literarisches Organ denke; daß ich die Zeit, die das Blatt jetzt durchmacht, für völlig tot halte; ich schrieb ehrlich und als Freund, hoffentlich nimmt er es mir nicht übel; aber ich finde, man muß doch sagen, wie man fühlt, wenn man so mit Walden zusammenarbeitet; sonst lügt man im Schweigen. Ich glaube auch keinesfalls an einen Erfolg des Rundschreibens. Alle die ›gewesenen‹ Mitwirker im Verein für Kunst, die sind ja alle nicht mehr um Walden. Es war mir peinlich, aber ich glaube nicht, daß ich Unrecht tat. Kubin wählte das Buch Daniel für die Bibel. Herzlich für Sie beide von uns Ihr Fz. Marc