Aristolochia

Aristol. rotunda.
Aristol. rotunda.
Aristolochia longa.
Aristolochia longa.
Aristolochia Clemat.
Aristolochia Clemat.
Aristol. tenuis.
Aristol. tenuis.

[100] Aristolochia.

Aristolochia, frantzösisch, Aristoloche, teutsch, Osterluzey, ist ein Gewächs, dessen es drey Gattungen giebet, welche alle zusammen zur Artzney gebrauchet werden. Die erste wird Aristolochia rotunda, Aristoloche rotunde, die runde Osterluzey genennet, und ist zweyerley Art, die erste heist

Aristolochia rotunda, Matth. Dod. J.B.

Aristolochia rotunda vera, Trag.

Aristolochia fæmina, Lugd.

Aristolochia rotunda flore ex purpura nigro, C.B. Pit. Tournef.

Aristolochia prima, Clus.

Sie treibet einen Hauffen Stengel, als wie kleine Reiser, welche schwach sind, und sich biegen, wie man will, etwa auf anderthalben Schuh hoch, welche mit schier gantz runden, linden und bleichgrünen Blättern besetzet sind, die in gleicher Weite von einander, oder eins ums andere stehen, und auf gantz kurtzen Stielchen sitzen, auch den Stengel zum Theil umgeben. Zwischen diesen Blättern[100] und den Stengeln heraus, kommen die Blumen hervor, die sind als wie Röhrlein gestalt, unten geschlossen, oben offen und ausgeschweifft, wie Zünglein zerspaltet, und dermassen dunckelroth, daß sie dem schwartzen schier nahe kommen. Wann die Blume verblühet, so wird aus ihrem Kelche eine häutichte Frucht, die ist oval, und grün, wird aber braun, wann sie reiffet. Sie ist der Länge nach insgemein in sechs Fächlein zertheilet, welche voll platter, dünner, und schwartzer Samen stecken, deren einer auf dem andern liegt. Die Wurtzel ist knollicht, rund, ziemlich dick, fleischicht, mit Fasen besetzt, auswendig grau, inwendig gelblicht, riecht nicht gar angenehm, und schmeckt sehr bitter. Dieses Gewächse wächst in den Wiesen, in den Weinbergen, und auf dem Felde, in fetten Boden.

Die andere Art der runden Osterluzey heist

Aristolochia rotunda altera, Clus. Hisp. & Hist. J. B.

Aristolochia rotunda flore ex albo purpurascente, C. B.

Diese ist darinne von der ersten unterschieden, daß sie viel mehr Stengel hat, die aber viel kürtzer sind: daß ihre Blätter oder Kraut viel grösser und länglicht sind, und auf längern Stielen sitzen: daß ihre Blumen weiß sind, und auf Purpur ziehen, doch inwendig braun sehen: daß ihre Frucht länger ist, und als wie eine Birne gestalt: daß ihr Samen viel zärter ist und braunroth siehet: und endlich, daß ihre Wurtzel auf der Schale gelblicht sieht. Dieses Gewächse wächst auf dem Felde im Getreide.

Die zweyte Gattung heist: Aristolochia longa, Aristoloche longue, die lange Osterluzey, und es giebt ihrer zweyerley Sorten:

Die erste wird genennet

Aristolochia longa, Dod.

Aristolochia longa vera, C. B.

Aristolochia altera, radice pollicis crassitudine, Cæs.

Sie treibet auch einen Hauffen Stengel, als wie Reiser, etwa zu anderthalben Schuh lang, die sind viereckigt, schwach, liegen auf der Erde, tragen weiche Blätter, die nicht so rund sind, als wie die an der runden Osterluzey, und gehen vorne etwas spitzig zu, hängen an kurtzen Stielen. Die Blume sieht als wie die an der runden Art. Die Frucht sieht gleichwie eine kleine Birne; und beschliesset die platten schwartzen Samen. Die Wurtzel ist etwan eines Schuhes lang, bisweilen so dick, als eine Faust, bisweilen aber nur als wie der Daumen, siehet sonsten, schmeckt und riechet wie die Wurtzel der runden Osterluzey. Dieses Gewächse wächst auf dem Felde, unter dem Getreide, in den Hecken, und in den Weinbergen.

Die andere Sorte der langen Osterluzey heist

Aristolochia longa Hispanica, C.B.

[101] Aristolochia longa altera, Clus. Hisp. & Hist. J.B.

Die ist wenig von der andern unterschieden, ausser daß ihre Blume inwendig purperhaft aussieht, und ihre Wurtzel viel kürtzer ist. In Spanien, im Königreiche Valenzia, und an andern warmen Orten, wächst sie häuffig im Getreide.

Die lange und die runde Osterluzey führen viel Sal essentiale, Oel und Feuchtigkeit bey sich.

Sie reinigen, und sind gut zu Wunden und zu Schäden: widerstehen auch dem Gifte und dem kalten Brande. Die Wurtzeln werden öfters, und das Kraut bisweilen auch äusserlich gebraucht.

Die dritte Gattung heist Aristolochia Clematitis, Aristoloche Clematite, die Osterluzey, so der Waldrebe nicht ungleich; und es giebet ihrer gleichergestalt zwey Arten.

Die erste heist

Aristolochia Clematitis recta, C.B.

Aristolochia Sarracenica, Dod.

Aristolochia altera radite tenui, Cæs.

Aristolochia clematitis vulgaris, J.B.

Diese treibet Stengel auf zwey Schuh hoch: die sind gerade, und veste; daran hangen an langen Stielen eins ums andere, die Blätter, welche wie der Gundermann aussehen, doch aber bleichgrün sind. Die Blumen kommen in grosser Anzahl zwischen den Blättern und Stengeln hervor, und sehen als wie die an den vorhergehenden Arten, sind aber viel kleiner und bleichgelb. Hingegen ist die Frucht oftmahls gar groß, und sieht wie eine Birne; sie steckt, als wie die übrigen, voll platte, schwartze Samen. Die Wurtzel ist zart, fasicht, läufft auf allen Seiten aus, sieht grau, riecht ziemlich gut, und schmecket bitter und gar scharff. Dieses Gewächse wächst in warmen Ländern auf dem Felde, in dem Holtze, und in den Oelgärten.

Die andere Sorte dieser Osterluzey heist

Aristolochia clematitis, Dod.

Aristolochia clematitis serpens, C. B.

Aristolochia clematitis non vulgaris, J. B.

Aristolochia clematitis altera Hispanica, Lob.

Sie treibet Stengel, als wie Reiser, zu drey, und vier Schuhen hoch, die sind zart, ausgekerbt, ästig, kriechen auf der Erde herum, und hängen und schlingen sich an und um die nahe stehenden Stauden und Gewächse, als wie der Hopfen und die Winde. Ihr Kraut oder Blätter sind breit, spitzig, grün und dichte oben, unten aber purperhaft und weißlicht, hangen an langen Stielen. Die Blüte und die Frucht sehen als wie die an der ersten Gattung dieser Osterluzey, iedoch ist die Blume purperfarben und schwärtzlicht, auch inwendig wie mit zarter Wolle besetzt. Die Wurtzel ist lang, und bestehet aus dicken Fasen, kriecht überall herum, sieht bleich, hat einen scharffen, etwas zusaenziehenden Geschmack, der aber darum[102] nicht unangenehme ist, das gantze Gewächs riecht gut. In Spanien wächset es vornemlich, im Gebüsche und Oelgärten.

Die Wurtzel dieser Osterluzey wird zur Artzney gebraucht: sie führet viel Oel und Saltz.

Sie reinigen und zertheilen, eröffnen und sind gut zu Wunden und zu Schäden: widerstehen der Fäulung und stärcken: sie werden innerlich und auch zuweilen äusserlich gebraucht.

Die vierte Gattung heist, Aristolochia minor, Aristoloche petite, die kleine Osterluzey, und es giebet ihrer auch zwey Sorten.

Die erste heist

Aristolochia tenuis, Pistolochia, Dod.

Aristolochia altera, plures radices spargens, Cæsalp.

Aristolochia polyrrhisos, J.B.

Aristolochia, Pistolochia dicta, C.B.

Aristolochia polyrrhison, sive

Pistolochia Plinii, Ad. Lob.

Pistolochia Dod.

Diese ist die kleineste unter allen Gattungen der Osterlucey: sie treibet einen Hauffen zarter und schwacher ästiger Stengel, die auf der Erde herum liegen. Ihr Kraut oder Blätter sehen als wie der Gundermann, sind aber klein, bleich und hangen an kurtzen Stielen. Die Blumen sehen als wie die an den vorherstehenden Arten, sind doch viel kleiner, bisweilen schwartz, bisweilen gelbgrün. Die Frucht sieht aus wie eine kleine Birne. Ihre Wurtzeln sind überaus zart, und als wie Fäden, hangen an einem Kopfe beysammen wie die Haare oder Bart, sind eines halben Schuhes lang, von Farbe grau auf gelb sich ziehend, riechen gar würtzhaftig und sehr angenehm, und schmecken scharff und bitter. Dieses Gewächse wächst in warmen Ländern, z.E. in Languedoc und Provence, in den Oelgärten und auf Hügeln, wo es steinig und trocken ist.

Die andere Sorte der kleinen Osterluzey heist

Aristolochia, Pistolochia altera, J.B.

Pistolochia Cretica, C.B. Pit. Tournef.

Pistolochia altera, sempervirens, Clus. Hist.

Sie treibet Stengel, als wie Reisig, etwa des halben Fusses lang, die sind eckigt, streiffig, ästig und schwanck, liegen auf der Erde, sind schwerlich zu zerbrechen, und sehen schwartzgrün. Die Blätter sind der ersten ihren gleich, allein viel spitziger, und sitzen an ziemlichen langen Stielen. Blüte und Frucht sehen als wie die an der langen Osterluzey; doch siehet die Blüte nicht so gar braunroth, und hänget an einem langen Stielgen: die Frucht ist auch viel kleiner. Die Wurtzeln sind zart, voll dünner Fasern, und wohlriechend, als wie die von der ersten Sorte: Sie wächst in warmen Ländern.

[103] Es giebet zwar noch mehr andre Sorten der kleinen Osterluzey, ich aber will mir begnügen lassen, daß ich die vornehmsten angeführet habe.

Die Wurtzeln von der kleinen Osterluzey werden innerlich zur Artzeney gebraucht: sie sind besser als wie der andern ihre, werden auch mehr geachtet. Sie führen viel kräftig starckes Oel und flüchtig Saltz bey sich.

Sie reinigen trefflich, sind gut zu Wunden und Schäden, widerstehen den bösen Feuchtigkeiten, erregen den Schweiß und treiben den Harn, zertheilen den Schleim, sind gut zu schweren Athem und wider den kalten Brand. Einige nehmen dafür die Wurtzel von der Aristolochia clematitis, unerachtet diese bey weiten nicht so kräftig ist, als wie die kleine Osterluzey.

Aus Languedoc und Provence werden alle Arten der Osterluzey zu uns nach Paris gebracht. Die lange und die runde müssen dick und völlig seyn, frisch getrocknet, schwer, auswendig grau, inwendig gelb, und überaus sehr bitter schmecken.

Die kleine muß auch fein völlig seyn, dicht voll Haare, als wie die schwartze Riesewurtz, frisch aufgetreuget, gelblicht, von würtzhaftigem Geruch und bitter von Geschmack. Zum Theriac ist sie denen übrigen allen vorzuziehen.

Aristolochia kömmt von ἄριςος, optimus, sehr gut, trefflich gut, und λοχία, purgamenta, quæ post partum egrediuntur, Reinigung nach der Geburt, als ob man sagen wolte, etwas gutes und dienliches diese Materie zu befördern. Dann Dioscorides will haben, die Osterluzey sey darzu gut.

Clematitis kömmt von κλῆμα . palmes, virga, eine Rebe, ein Reis, dieweil die Stengel der Osterluzey eitel Reiser oder Ruthen seyn.

Polyrrhison kommt von πολὺς, multum, viel, und ῥὶζα, radix, eine Wurtzel; dann die Wurtzeln der kleinen Osterlucey sind unzehlich.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 100-104.
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