[312] Cinnabaris.
Cinnabaris, frantzösisch, Cinabre teutsch, Zinnober, oder Cinnober, ist eine mineralische Materie, hart und dichte, schwer und gläntzend, wie Crystallen und röthlicht: bestehet aus Schwefel und Quecksilber, welche auf das aller genaueste verbunden und vereiniget, und durch des Feuers Macht ist aufgeführet[312] oder sublimiret worden. Es giebet zwey Arten Zinnober, einen natürlichen, lateinisch Cinnabaris mineralis, frantzösisch, Cinabre mineral, teutsch, mineralischer oder natürlich gewachsener Zinnober genannt, und einen durch Kunst bereiteten, welcher auf lateinisch Cinnabaris factitia, frantzösisch, Cinabre artificiel, teutsch, durch Kunst bereiterer Zinnober, oder nur schlecht weg Cinabaris, Cinabre, Zinnober genennet wird. Der natürliche wird gantz und gar vollkommen bereitet, in den Quecksilberschachten, wie rothe, schwer und gläntzende Steine, in Spanien, in Hungarn, in Teutschland, in Franckreich und an vielen andern Orten noch mehr in der Welt gefunden. Doch wird der Spanische für den besten gehalten. Man muß denjenigen erwehlen, welcher am schwersten, und am reinsten, gantz roth und gläntzend ist: dann, je höher er an Farbe ist, je mehr Quecksilber hält er in sich. Der natürliche Zinnober wird durch das unterirdische Feuer, fast eben auf die Weise, wie der durch die Kunst bereitete, aufgeführet oder sublimiret. Dieweil er aber unterm sublimiren mit Erde, auf die er getroffen, sich vermischet, deshalben ist er weder so schwer, noch so rein und schön, als wie der durch die Kunst bereitete, und hält auch nicht so viel Quecksilber.
Der durch die Kunst bereitete Zinnober wird von drey Theilen rohen Mercurii u. einem Theile Schwefel gemacht, welche mit einander vermischet, und durchs Gradfeuer in einem Sublimirgefässe aufgeführet werden. Diesen soll man erwehlen, wann es feine schöne Steine oder Stücken sind, die sehr gewichtig und gläntzend, feine lange und schöne reine Spiesse haben, nebst einer braunrothen Farbe. Ein jedes Pfund Cinnober beschliesset vierzehen Untzen Quecksilber in zwey Untzen Schwefel: gleichwie ich solches anderswo durch die revification des Quecksilbers aus dem Zinnober erwiesen habe. Wann der durch Kunst bereitete Cinnober eine gute Zeitlang auf einem Reibesteine ist gerieben worden, so wird ein gantz subtiles, zartes Pulver draus, welches eine der schönsten rothen Farben hat, als immermehr zu finden: und das wird auf frantzösisch Vermillon genannt: es dienet zum mahlen, und damit wird das spanische Wachs oder das Siegelwachs gefärbet.
Die Cinnober Arten werden wider das böse Wesen gebrauchet, auch wider die Engbrüstigkeit: man kan sie innerlich von zwey Gran bis zu einem Scrupel brauchen. Aeusserlich werden sie unter die Salben und Schmieren genommen wider die Schwinden und Flechten, desgleichen zum räuchern, wann man will saliviren machen.
Cinnabaris ist ein indianisches Wort, und bedeutet soviel als Drachen- und Elephantenblut. Dieser Name aber ist ihm darum ertheilet worden, dieweil er eine solche Farbe hat, wie diese Arten Blut.