Euphorbium

Euphorbium.
Euphorbium.

[441] Euphorbium.

Euphorbium, Renod. frantzösisch, Euphorbe, ist ein hartzigtes, gelbes Gummi, in kleinen Stücklein, das lässet sich alsbald zerreiben, und ist im Munde trefflich scharff, oder brennendheiß. Es tringet aus den Rissen, die sie in einen Baum oder ferula gemacht, so eben diesen Namen führet, und von den heutigen Botanicis unter die Sorten des Tithymali gestellet worden ist. Seine Schale ist dick und dornigt. Die Blätter sind des Fingers lang, dick und viereckigter Figur; auf jeder Ecke mit einer grossen Anzahl kleiner Dornen oder Stacheln besetzet. Die Blüten bestehen jede aus fünff Blätterlein, als wie ein halber Mond zerschnitten, von Farbe sind sie gelblicht grün. Nach ihnen folget die Frucht, so dick, wie eine Erbse, mit drey erhabenen Ecken, und in drey Fächlein abgetheilt, in deren jedem ein länglicht Samenkörnlein steckt. Dieser Baum wächst in Lybien, auf dem Berge Atlas, und in Africa. Wann sie den Baum aufreissen wollen, so verdecken sie das Gesichte, als viel ihnen immer möglich ist, und verrichten es von weiten mit einem Spiesse oder einer Lantze, damit sie von der gantz subtilen Ausdünstung, die trefflich heftig und durchtringend ist, und welche aus dem milchweissen, flüchtigen und überaus scharffen Safte, der in grosser Menge heraus rinnet, zu entstehen pfleget, keine Ungelegenheit empfinden mögen. Den Saft fangen sie mit Schafshäuten auf, die sie rund um den Baum herumlegen, darauf wird er dick und harte wie ein Gummi.

Das Euphorbium muß man erwehlen, wann es feine schöne, frische und reine, trockne Tropfen sind, die sich alsbald zerreiben lassen, gelblicht und in etwas[441] weiß sehen. Es führet viel caustisches und brennend-heisses Saltz und Oel.

Es führet den zähen Schleim und scharffe Feuchtigkeit in dem Geblüte aus: es zertheilet die Feuchtigkeiten, machet, daß einer niesen muß, treibet der Weiber Zeit, allein mit solcher Heftigkeit und Schärffe, daß es nicht selten in dem Eingeweide Inflammationes und Entzündungen verursachet. Dannenhero wolte ich keinem rathen, es innerlich zu brauchen, obschon ein und andere Autores dasselbige zu diesen oder jenen compositionibus pharmacevticis genommen wissen wollen, die dannoch innerlich gebrauchet werden sollen. Man soll sich ingleichen hüten, und dieses Gummi unter keine Niesepulver mengen, dieweil es die humores allzusehr zertreibt und fliessend macht. Mit gutem Erfolg aber kan es unter die Pflaster, Salben und Oele gemischet werden, die man nur äusserlich zu brauchen pflegt. Die es stossen wollen, mögen es mit einigen Tropfen Essigs ansprengen, und das Gesichte, soviel als nur möglich, von dem Mörsel kehren, damit ihnen seines flüchtigen Theilgen nicht in die Nase oder in die Augen gerathen mögen, dann sie würden über alle massen beissen und heftigs niesen machen.

Die Schmiede brauchen das Euphorbium wider den Wurm und die Raude der Pferde.

Dieses Gummi hat seinen Namen von dem Euphorbius, der des Königes Juba Medicus gewesen, erhalten, als welcher dasselbige zu erst gebrauchet und den Kayser Augustum damit curiret hat.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 441-442.
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