Ichthyocolla

[573] Ichthyocolla.

Ichthyocolla.

Gluten Alcanak.

frantzösisch, Colle de poisson.

teutsch, Fischleim, Hausenblase.

Ist eine Art Leim, der von der Haut, den Floßfedern, dem Schwantze, dem Eingeweide, den Nerven und andern fasigen und musculösen Theilen eines gar sehr grossen Fisches, so Huo vel Exossis, Hausen genannt, weil er keine Beine oder Gräten hat, bereitet wird. Unterweilen wird er auf 24. Schuhe lang, und auf vier Centner schwer. Sein Kopf ist groß, breit, und gewichtig. Den Rachen kan er weit aufreissen: die Haut ist rauh: der Rücken ist mit einer grossen Mengekleiner, stachlichter und spitziger Schupen besetzet. Er ist so fett, als wie ein Schwein. So schüchtern soll er seyn, daß ihn ein kleiner Fisch verjagen kan. Etliche wollen ihn unter die Wallfische zehlen. In den Moscowitischen Seen ist er gemeine: wird auch in Hungarn und an andern Orten, dadurch die Donau streicht, gefunden: dann, weil er süsses Wasser liebt, so pflegt er oftermahls hinauf zu steigen. Sein Fleisch wird gegessen, ist aber schleimig, süßlicht und ungeschmack, wo es zum wenigsten nicht eingesaltzen ist.

Wann sie den Fischleim machen wollen, so nehmen sie alle Abgänge von dem Fisch zusammen, hacken sie klein, lassen sie in laulichten Wasser weichen, und kochen sie hernach bey einem kleinen Feuer, bis alles ist zergangen, und zu Leime worden. Dieser Leim wird auf ausdrücklich hierzu verfertigte Instrumente gegossen, damit er trocken werde, und wie Pergament. Wann er fast trocken ist, so rollen sie ihn insgemeine zusammen, als wie Schnuren, und geben denenselben eine runde Form, wie einen halben Mond: sie geben ihm auch sonst noch allerhand Figuren.

Die Holländer bringen uns die beste Hausenblase, die wir in Franckreich zu sehen bekommen: diese erhalten sie insonderheit von den Moscowitern, welche die allermeiste zu bereiten pflegen.

Die Hausenblase soll man aussuchen, wann es feine kleine Ringe oder Stücken seyn, die weiß und klar ist, durchsichtig und ohne Geruch. Die grossen[573] sind gerne mit gelben, trocknen und oftmahls übel riechenden Leim inwendig angefüllt. Diese Wahre muß in Büchsen wohl verwahret werden, dann die Luft macht sie bald feucht. Sie führet viel Oel, wenig flüchtig Saltz.

Dieser Leim dient gut zum erweichen und zertheilen: wird auch zu unterschiedenen Pflastern genommen.

Den Weinschencken thut er eine grosse Hülffe, wañ sie den Wein, der sich gestossen hat oder ist getrübet worden, klar und helle machen wollen. Sie werffen etliche Stücken davon in das Faß, so zergehet er, und wird darauf wie eine Haut, die senckt sich nach und nach zu Grunde, beschweret und ziehet alle grobe Theile in dem Weine mit sich hinab, und der Wein bleibt hell und klar. Dieses ist gleichsam eine filtration und Art den Wein durchzuseihen, so dem Weine anders nicht seyn kan, als gantz vorträglich, weil an der Hausenblase nichts nicht übels zu befinden.

Auch dienet die Hausenblase dem seidenen Bande einen lustre und Glantz zu geben, feine Perlen nachzumachen, und sonst zu vielen andern Dingen mehr.

Bey den Droguisten finden wir zuweilen eine Gattung Hausenblase, in kleinen Blättern, die gelblicht sehen, oder grau und ziemlich weiß: ich habe sie aber nicht so gut befunden, wie die erste, dann sie will gar ungerne zergehen.

Ichthyocolla kommt von ἰχϑὺς, piscis, Fisch, und κόλλα, gluten, Leim, als ob man spräche, Fischleim.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 573-574.
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