[1123] Testudo.
Testudo, frantzösisch, Tortuë, teutsch, Schildkröte, ist ein Thier, das in dem Wasser lebet, und mit einer Schale umgeben ist, beweget sich sehr langsam, hat vier Füsse, und siehet der Eydechse nicht ungleich, ist häßlich an allen seinen Gliedern, iedoch mit einer schönen,[1123] breiten, erhabenen und beinharten Schale überdecket, welche ovalrund oder wie ein Schild formiret ist, mit allerhand farbigen Flecken, dunckeln und gleissenden, gezeichnet und wie marbriret. Sie bestehet aus einem Hauffen glatter und polirter Stücken, die wie Gelencke an einander gefüget sind, haben allerhand Figuren, doch meistentheils fünffeckigt. Das ist, was auf frantzösisch Ecaille de Tortuë, teutsch, Schildkröte, Schildkrötenschale genennet wird, aus welcher Büchsen, Kämme und viel andre solche und dergleichen Dinge mehr verfertigt werden. Ihr Kopf ist kurtz und siehet einiger Massen wie an einer Schlange, mit einem zarten Häutlein überzogen: keine Ohrlöcher sind daran nicht zu verspüren: die Nasenlöcher vorne an der Schnautze sind ungemeine weit: die Augen sind klein und häßlich, haben nur eine Wimper, damit sie dieselben schliessen. Die Leffzen sind ausgekerbet, oder, als wie eine Säge ausgezackt; die Haut daran ist harte als wie Horn, und sie bedecken ein Paar Reihen Zähne. Das Gehirn ist trefflich klein. Die Füsse sind wie die an der Eydechse: an den vordern haben sie fünff Zehen mit Klauen dran, an den hintern aber nur viere. Der Schwantz ist beym Anfang dick und hinten spitzig. Alle ihre Leibestheile, die ausser der Schale zu sehen, sind mit einer breiten und grobruntzlichten Haut überzogen und diese ist wie Corduan so körnig. Ihre Blase ist sehr groß. Das Weiblein leget eine grosse Menge ziemlich dicker Eyer auf einmahl und auf dem Lande, bedecket sie mit Laube oder zarten Rinden und darauf mit Sande, hernach kehret es wieder in das Wasser. Von der Sonne werden die Eyer in sechs bis sieben Wochen ausgebrütet, da sind die jungen gern so groß wie ein frantzösischer Thaler, auch starck genug den Sand, der sie bedecket, zu durchbrechen, und sich ins Meer oder in die Flüsse zu begeben: dann dieses Thier wohnt in den Lachen, in den Flüssen und im Meer. Es finden sich auch ihrer, die können beydes auf dem Lande und im Wasser leben. Sie sind von unterschiedner Grösse: wie es dann ihrer in America giebet, die bis zu fünff Schuh lang, und viere breit sind, die auch dermassen starck, daß ein Mann kan auf einer, ohne ihre Ungelegenheit, entweder stehen oder sitzen. Will man sie leichtlich fangen, so kehrt man sie mit einem Hacken oder andern Instrumente auf den Rücken, dann also haben sie nicht so viel Macht, und man erhohlt sie balde, bevor sie entwischen können. Sie können viel Tage lang ohne fressen und sauffen leben. Die Americaner sagen, daß sie nicht eher stürben, ehe alles ihr Fett gäntzlich vom Hunger aufgezehret wäre. Werden sie zuvor und ehe sie sich abgezehrt, gedödtet, so bekommt man das Fleisch davon, welches gut zu essen ist, und als wie Rindfleisch schmeckt, desgleichen ein gelb Oel, das taug zum brennen. In Europa werden die Schildkröten auch in der Küche gebrauchet: ihr Fleisch hat einen guten Geschmack. Sie führen viel flüchtiges Saltz und Oel.
Sie dienen zu den Brust- und auszehrenden Kranckheiten, zum schwindsüchtigen Fieber. Sie geben gute Kraft, wann sie gegessen, oder als wie eine Suppe zugericht, genossen werden.
[1124] Das gedörrte Blut von Schildkröten soll gut seyn wider das böse Wesen: es wird von funffzehn Gran bis auf ein gantzes Quintlein eingegeben. Wann es frisch ausgezapfet wird, so heilet es die Krätze und die Raude, auch den Aussatz, wann es drauf gestrichen wird.
Das Fett oder Oel erweichet und zertheilet.
Die Ruthe von der Seeschildkröte, getrocknet und gepülvert, ist ein gutes Mittel wider den Stein und Gries. Für einmahl wird ein halbes Quintlein bis auf ein Paar Scrupel eingegeben. Wann dieselbige gedörret worden, ist sie eines Schuhes lang, und etwas dicker, als ein Daumen; sie ist gantz dichte und fast als wie Horn so hart, von Farbe grau und wie mit weissen Marck erfüllet. Die Ruthe von der grünen Seeschildkröte wird den andern vorgezogen.
Testudo kommt von testa, Schale, weil dieses Thier als wie mit einer Schale überzogen ist.