50.

Dem gelad'nen Gast: der Liebe, folget

Ungeladen Mensch und Perisohn;

Lass es nicht am eig'nen Willen fehlen,

Und als Lohn trägst du das Glück davon.

Suche nicht die Wonne des Genusses,

Wenn des Sehens Gabe dir gebricht:

Denn der Becher den einst Dschem besessen,

Nützt dir ja, bist du erblindet, nicht.

Wirst du lang noch Morgenwein geniessen

Und des Morgenschlummers Süssigkeit?

Flehe Mitternachts um Schuldvergebung

Und um Thränen in der Morgenzeit!

Komm und kaufe alle meine Länder

Um der Schönheit reiches Capital:

O versäume diesen Handel nimmer,

Denn du fühltest sonst der Reue Qual.

Lass es dein Bestreben sein, o Meister,

Theil zu haben an der Liebe Glück:

Denn es kauft ja Niemand einen Sclaven,

Dem Talente mangeln und Geschick.

Alles was von Liebe ich erfahren,

Führt hinaus auf der Verwund'rung Flur.

Darum will ich künftig mich berauschen

Und als Unerfahr'ner handeln nur.

Welch' ein Püppchen bist du denn, o Zarter,

Der durch Gaukeleien mich bestrickt?

Steh'st du doch dem Aug' nicht gegenüber

Und bist dennoch nie dem Blick entrückt.

Tausende von frommen, heil'gen Seelen

Sind bereits aus Eifersucht verbrannt.

Weil man jede Nacht und jeden Morgen

Dich als Licht in ander'n Sälen fand.[151]

Durch Gebete frommer Winkelsitzer

Wendet sonst man Unglück ab von sich:

Wesshalb blickst du also freundlich nimmer

Mit dem Winkel nur des Aug's auf mich?

O wer ist es der in meinem Namen

Einen Gruss hin zum Ăssāfe trägt?

Diesen Vers von mir in pers'scher Sprache

Halt' er im Gedächtniss eingeprägt:

»Komm, und hast du dieses ird'sche Treiben

So erprobt, wie es mein Blick geschaut,

Nun, so machst du nur mit Bechern Weines,

Nicht mit Sorgenbechern dich vertraut.«

Auf dem anmuthsvollen Haupte sitze

Nimmer schief der Herrschaft Mütze dir,

Denn des reichsten Glückes bist du würdig,

Und des Thron's und gold'ner Kronen Zier.

Jede Strasse die zur Liebe führet

Birgt Gefahren wunderbarer Art;

Vor dem Schmerze kein Asyl zu finden

Halte Gott in Gnaden dich bewahrt!

Sich nach deiner Lock' und Wange sehnend

Müssen rastlos hin und wieder zieh'n

Morgenwinde die nach Bisam duften,

Rosen die in holder Anmuth blüh'n.

Durch den Segen von Hafisens Muthe

Nähre ich die Hoffnung, abermal

Mährchen meiner Leïla zu vernehmen

In der Nacht erhellt vom Mondesstrahl.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 149-153.
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