Du, dessen Mund voll holden Lächelns
Ein Kästchen ist voll Perlenzier,
Der Neumondflaum, der dich umringet,
Herr, wie so reizend steht er dir!
Es täuscht mich jetzt auf schöne Weise
Der Wahn mit dir vereint zu sein:
In was für sonderbare Spiele
Lässt doch dies Wahngebild sich ein!
Das Herz entfloh, das Auge blutet,
Der Leib ist wund, die Seele schwach:
Auf dem Gebiet der Liebe folget
Ein Wunder stets dem andern nach.
Mein Herzblut floss durch Seiner Hände
Und seines trunk'nen Auges Kraft;
Viel Unglück hab' ich schon erlitten:
Ist das der Lohn der Leidenschaft?
Wenn dein Gemüth sich nicht noch ändert,
So wandert sicherlich fortan
Kein Liebender nach dieser Gegend,
Nach diesem Land kein kluger Mann.
Du machst, o Reiter, dich vom Führer
Und auch von meinem Bunde frei;
Kömmt dir ein Mann aus Nedschd entgegen,
So sag' ihm, was mein Schicksal sei.
Mich, weil ich liebe, zu ermorden,
Stellt als erlaubt der Liebling dar;
Wie lautet das Fĕtwā der Liebe?
Erklär' es mir, du Richterschaar!
Ich sehne mich nach Nedschd's Bewohnern,
D'rum kennt mein Auge keinen Schlaf:
Der Kummer hat ein Herz geschmolzen
Das unheilbares Leiden traf.[223]
In Gottes Schutze steht der Hügel,
Bewohnt von dem geliebten Freund:
Gar schnell eilt der Verstand von hinnen,
Wenn sein Gazellenaug' erscheint.
Entsage ja vier Dingen nimmer,
Willst klug du heissen und gescheit:
Der Sicherheit, geklärtem Weine,
Dem Liebling und der Einsamkeit.
Bring' Wein! zwar bin ich schwarz bezeichnet
Vor aller Welt im Buch der Schuld,
Doch darf man nimmermehr verzweifeln
An eines ew'gen Gottes Huld.
Bring', Schenke, mir ein Glas und führe
Mich aus der Einsamkeit heraus:
Als Bettelmann und frei von Sorgen
Geh' ich sodann von Haus zu Haus.
Weil jedenfalls an fester Dauer
Dem Zeitenbilde es gebricht,
Hafis, so lass jetzt Wein uns trinken,
Und äuss're deine Klage nicht!
Zur Zeit des herrschenden Ăssāfes
Glänzt des Gemüthes Becher hell:
Auf! tränke uns mit Himmelsweine,
Der klarer sei als jeder Quell!
Das Reich ist stolz auf seine Liebe
Und seine edle Thätigkeit:
O Herr lass diese Macht und Grösse
Besteh'n in alle Ewigkeit!
Er ist der Glanz des Herrscherthrones,
Der Majestät und Würde Schacht,
Des Reiches und des Volkes Schimmer,
Des Sieges Vater und der Macht.
Buchempfehlung
Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica
746 Seiten, 24.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro