|
Ich liebe dich so sehr, o Götze,
Dass ich mein Sein in Zweifel setze;
Zwar bin ich elend nur und schwach;
Doch würd' ich, hätt' ich tausend Leben,
Sie alle dir zum Opfer geben.
Wird mir wohl je das Glück beschieden,
Dir meines Herzens Trost und Frieden,
Das was ich fühle zu vertrau'n?
O nie! ein Falke deinesgleichen
Sucht meinem Neste auszuweichen.
Wenn du auch sonst dich hart benommen,
Thu's jetzt doch nicht! es kann nicht frommen,
Und, ist von Eisen nicht dein Herz,
So tritt mir, Freund, auf's Haupt, und glaube
Du wandeltest auf Schwellenstaube.[535]
Ich sprach: »Du tödtest ja mich Armen;
Nun wirst du endlich dich erbarmen,
Und Treue zeichnen dir in's Herz?«
Nein, nie hast du nach mir begehret:
Ich weiss was mir mein Loos bescheret.
Du, der du streb'st im Uebermuthe
Nach Türken- und nach Perserblute!
Scheint schlecht und finster dir mein Haus,
Mach' ich bei deinem treusten Knechte
Dir einen Platz im Aug' zurechte.
Nach deiner Treue nur verlang' ich,
Nur nach dem Röschen »Treue« bang' ich,
Und wandle nur des Dienstes Bahn;
Will Keinem was ich fühle sagen,
Und Keinem dich zu schildern wagen.
Gesetzt, die Treu' hätt ich versehret,
Und Lieb' durch Liebe nicht vermehret,
Geschah doch nichts was ich gewünscht.
Sprich, waren wir nicht Freunde immer?
Du brachst den Bund; ich wankte nimmer.[537]
Und raubt dein Schwert mir auch das Leben,
Ich bleib' in Treue dir ergeben;
Und schlägt man auch in Stücke mich,
Stets wahr' ich die Koralle, »Liebe«
Bis dass einst mein Gebein zerstiebe.
Wer Sehnsucht fühlt nach Liebeszeichen,
Soll nicht von meinem Grabe weichen;
Und riecht er dort zu meinem Staub
Und wird er dich zu nennen wagen,
Ertönen meiner Seele Klagen.
Käm' ich zu einem Liebchenheere,
Worin ein Stern ein Jedes wäre,
Neigt' ich doch stets mich nur zu dir:
Toll wär' ich, tauscht' ich Leila's Bande
Für Persiens und Arabiens Lande.
Verwirrt wie deines Haares Netze,
Bin ich aus Lust nach dir, o Götze;
Zwar komm' ich nimmer in dein Dorf,
Doch, fern von dir, send' ich mein Flehen
Allnächtlich zu des Himmels Höhen.[539]
Du aller Freuden Quell durch Liebe,
Dass nichts die ew'ge Lust dir trübe!
Soll mehr noch dulden dein Hafis?
Doch leicht ist, was du auch beschlossest,
Wenn du mich nur nicht von dir stossest.[541]
Buchempfehlung
Grabbe zeigt Hannibal nicht als großen Helden, der im sinnhaften Verlauf der Geschichte eine höhere Bestimmung erfüllt, sondern als einfachen Menschen, der Gegenstand der Geschehnisse ist und ihnen schließlich zum Opfer fällt. »Der Dichter ist vorzugsweise verpflichtet, den wahren Geist der Geschichte zu enträtseln. Solange er diesen nicht verletzt, kommt es bei ihm auf eine wörtliche historische Treue nicht an.« C.D.G.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro