1.

[297] Du sah'st, o Herz, was Gram der Liebe

Nun abermals für Folgen hat,

Und wie der Holde mir enteilte,

Und was dem treuen Freund er that.

Ach, welch' ein Spiel war's, das bethörend

Die Zauberin Narzisse trieb!

Ach, wie benahm sich die Berauschte

Mit jenem, der stets nüchtern blieb?

Durch Freundes Kaltsinn nahm die Thräne

Des Abendrothes Farbe an;

Sieh, was mein Stern, der liebelose,

Bei diesem Anlass mir gethan!

Aus Leïla's Wohnung schoss am Morgen

Ein Blitz hervor mit wildem Glanz,

Und weh, Mĕdschnūn, dem Herzenskranken,

Verbrannte er die Garben ganz!

Gib, Schenke, mir des Weines Becher!

Was des verborg'nen Zeichner's Hand

Vollbracht durch seines Zirkels Wendung,

Das wurde Keinem noch bekannt.

Was Jener, der so reich bemalte

Des azurblauen Himmels Rund,

Vollbrachte hinter'm Räthselschleier,

Das ward noch keinem Menschen kund.

Die Liebe fachte in Hafisen

Den Feuerbrand des Grames an;

O seht doch nur, was einem Freunde

Ein alter Freund hat angethan!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 297.
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