113.

Jener Freund, der meine Wohnung

Mir zum Peri-Sitz umschafft,

Ist vom Haupte bis zum Fusse

Perigleich untadelhaft.

Angesehen von Verständ'gen

Ist er, jener helle Mond,

Er, in dem die feinste Sitte

Und verliebte Schalkheit wohnt.

»Diese Stadt will ich beziehen«,

– Sprach das Herz – »hier ahn' ich Ihn«;

Doch es wusste nicht, das arme,

Dass er musste weiter zieh'n.

Es entriss Ihn meinen Händen

Ein Gestirn an Bosheit reich;

Wo ist Rath? Des Mondes Kreisen

Spielte mir den bösen Streich.

Fiel doch der Geheimnissschleier

Nicht allein von meiner Brust:

Denn seit dem Bestand des Himmels

Ist entschleiern seine Lust.

Schön sind eines Stromes Ufer

Und die Rosen und das Grün:

Weh', dass jene flücht'gen Schätze

Gar so schnell vorüber zieh'n!

Schöne Zeit, wo ich des Glückes

Mit dem Freund zu sein genoss,

Während zwecklos nur und thöricht

Mir die übrige verfloss!

Von der Eifersucht getrieben

Gibt der Sprosser sich den Tod,

Weil die Rose mit dem Oste

Koste um das Morgenroth.[597]

Herz, verzeih' Ihm! denn ein Bettler

Bist und bleibst du immerdar,

Während Er im Reich der Schönheit

Erster Kronenträger war.

Was Hafis an Glückesschätzen

Je von Gottes Huld erhielt,

Wurde durch den Abendsegen

Und das Frühgebet erzielt.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 595-599.
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