118.

Liebe für der Jugend Reize

Fiel mir Altem in den Sinn:

Was im Herzen ich verborgen,

Fiel nun auf die Schwelle hin.

Meines Herzens Vogel suchte

Auf des Blickes Bahn sein Ziel:

Aber sieh, mein theures Auge,

Wem er in die Netze fiel?

Weh! Durch jene Moschushindin

Mit der schwarzen Augen Gluth

Fiel mir, gleich dem Moschusnabel,

In die Brust viel Herzensblut.

An dem Staube deines Gaues

Kam vorbei die Morgenluft:

Was nun fiel in ihre Hände,

Hat darum des Moschus Duft.

Seit dein Wimpernschwert erobernd

Sich den Weltbesitz erstrebt,

Fiel ein Haufe Todter nieder,

Die allein durch's Herz gelebt.

Wer doch diesen Wein so würzte,

Dass der Schenkenwirth sogar,

Roch er dessen Himmelsdüfte,

Hinfiel, aller Sinne bar?

Opferte er auch die Seele,

Wird kein Schwarzstein zum Rubin:

Eine niedrige Bestimmung

Fiel ihm zu vom Urbeginn.

Dieses Kloster der Vergeltung

Gab mir Proben oft und viel,

Dass, wer mit den Hefentrinkern

Je zerfiel, auch selber fiel;[609]

Und ihm tritt ein Schmerz im Herzen

Endlich hemmend auf die Bahn:

Durch die Gluth, die, Herzen sengend,

Trock'nes fiel und Nasses an.

Wehe! Jener schlaue Vogel,

Der ein holder Sänger war,

Fiel, bethört von eitlem Wahne,

In die Netze der Gefahr;

Und Hafis, den Götzenhaare

Sonst gepflegt nach sich zu zieh'n,

Ist ein Kautz, ein sonderbarer,

Fiel auf's eig'ne Haupt nun hin.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 607-611.
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