138.

Es entströmt ein Duft von Moschus

Dem Chŏtēn der Morgenluft;

Aber welche Luft ist diese,

Die da hauchet deinen Duft?

Mit chŏtēn'schen Moschusdüften

Weht der Abendwind mich an:

Sollte eine Karawane

Aus Chătā's Gebiete nah'n?

Sein bin ich, so lang die Seele

Nicht verlässt des Körpers Haus;

Horche mir, denn meine Rede

Strömt den Duft der Treue aus.

Herz, mach' Seinem Gramespfeile

Keinen Schild aus deiner Brust;

Schliess' das Aug', denn aus den Lüften

Kommt der Strahl dir unbewusst.

Es erkundigt deine Braue

Liebevoll sich stets um mich;

Sie, die Kaiserin, erinnert

Freundlich eines Bettlers sich.

Tief versank dein Fuss im Thone,

Weil ich gar so viel geweint:

Drob der Mann in meinem Auge

Sich vor dir zu schämen scheint.

Sollst, Hafis, den Wein nicht meiden,

Kehrt die Rose doch zur Flur

Im Gefolg' von hundert Gaben

Des Genusses wegen nur.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 659-661.
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