140.

Wunderbare Melodien

Stimmt der Liebe Sänger an;

Jede Weise seines Sanges

Führt auf eine and're Bahn.

Von verliebter Klage bleibe

Nimmer frei das Weltenall,

Denn gar lieblich ist ihr Tönen,

Und gar fröhlich ist ihr Schall.

Zwar mein alter Hefentrinker

Hat nicht Kräfte mehr noch Gold;

Doch ein Gott ist ihm geblieben,

Huldreich und der Nachsicht hold.

Halte stets mein Herz in Ehren!

Diese Zuckerfliege hat,

Seit nach dir sie ausgeflogen,

Huma's reichen Federnstaat.

Nur gerecht wär' es zu nennen,

Früge einen Bettelmann,

Der sein Nachbar ist, ein Kaiser

Freundlich, ob er helfen kann?

Meine blut'ge Thräne zeigte

Ärzten ich; sie sagten mir:

»Deine Krankheit ist die Liebe,

Herzensbrand nur heilt sie dir.«

Sei nicht grausam wie die Wimper:

Auf dem Pfad der Liebe hat

Jede Handlung ihren Segen,

Ihre Strafe jede That.

Jener Christensohn, der schöne

Weinverkäufer sprach gar zart:

»Trinke auf das Wohl des Mannes,

Der sich Klarheit hat bewahrt!«

Fürst! An deiner Pforte sitzend

Sprach ein Fātĭhā Hafis

Und von deiner Zunge hofft er

Einen Segenswunsch gewiss.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 663-665.
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