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Es strich die Welt, wie Brauenschminke,

Den Neumond auf des Festes Brau'n:

Drum ziemt es in des Freundes Braue

Den Neumond eines Fest's zu schau'n.

Es wurde, gleich des Neumond's Rücken,

Gebrochen meine Hochgestalt,

Als sich mein Freund den Brauenbogen

Mit Brauenschminke frisch bemalt.

Verhülle dir das Antlitz nimmer

Und flieh' der Menschen Umgang nicht:

Schrieb doch den Vers: »Es fehlte wenig«

Der Flaum hin auf dein Angesicht.

Es scheint, der Westhauch deines Leibes

Kam Morgens an der Flur vorbei,

Denn, gleich dem Morgen, riss die Rose,

Dich ahnend, sich das Kleid entzwei.

Noch waren Harfe nicht und Cither,

Und Wein und Rose nicht, als schon

Mit Rebensaft und Rosenwasser

Geknetet war mein Körperthon.

Komm, dass ich dir den Gram erzähle,

Den Kummer, der mein Herz beschwert:

Die Kraft zum Sprechen wie zum Hören

Ist ohne dich mir ja verwehrt;

Und wär' der Kaufpreis deiner Liebe

Die Seele auch, ich kaufte sie:

Denn eines einsichtsvollen Käufers

Ermangeln schöne Dinge nie.

Vergiess' nicht meiner Thräne Wasser,

Denn, fern von dir und ohne dich,

Eilt sie, dem Winde zu vergleichen,

Und wälzt im Staub der Strasse sich.[671]

Als ich den Vollmond deiner Wange

Im Lockenabend ward gewahr,

Da schien die Nacht mir, gleich dem Tage,

Durch deine Wange hell und klar.

Mir trat die Seele auf die Lippe,

Doch meinen Wunsch erreicht' ich nicht;

Mein Hoffen fand sich schon am Ziele,

Am Ziele fand mein Wunsch sich nicht.

Es schrieb aus Lust nach deiner Wange

So manches Wort Hafisens Rohr:

Drum lies es nun in schöner Reihe

Und häng' als Perle es in's Ohr.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 669-673.
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