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Gestern sprach der alte Weinwirth:

(Seiner sei mit Dank gedacht!)

»Trinke Wein, um zu vergessen

Was dem Herzen Kummer macht.«

»Meinen Ruf und Namen – sprach ich –

Gibt dem Winde Preis der Wein.«

Und Er sprach: »Thu' wie ich sage

Und was sein soll möge sein!«

Capital, Gewinn und Schaden

Wird einst deiner Hand entgeh'n!

Darum soll dich auch kein Handel

Weder froh noch traurig seh'n.

Wind nur hältst du in den Händen,

Wenn dein Sinn nach Nicht'gem geht,

Hier, wo einst der Hauch der Winde

Salomonens Thron verweht.

Immer ist der Dorn der Rose

Und der Schmerz der Lust gesellt;

Welcher Ausweg kann da frommen?

Ist's ja das Gesetz der Welt.

Fülle dir mit Wein den Becher,

Horchend mit des Sinnes Ohr,

Trägt Dschĕmschīd's und Kiējkŏbādens

Heldenthaten er dir vor.

Wenn, Hafis, der Rath der Weisen

Traurig dich gestimmt und bang.

Will ich kurze Worte machen

Und nur sagen: Lebe lang!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 687-689.
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