157.

Unterzöge Gott der Strafe

Alles was der Mensch verbrach,

Klagend stöhnten da die Räume

Und die Zeiten riefen: Ach!

Gleich sind Berge sich und Halme

Vor des Schöpfers Angesicht:

Bald ist mild er gegen Berge

Zieht bald Halme vor's Gericht.

Erdengross sind deine Sünden:

Wär' dir etwa unbekannt,

Wegen Sünden nur verfinst're

Sich der Mond am Himmelsrand?

Rein zwar ist dein Saum, in Wahrheit;

Doch wird deine Sündenlast

Morgen erst sich offenbaren,

Wenn der Kläger ihn erfasst.

Nachts will ich aus Schaam vor Sünden

Weinen ohne Unterlass,

So dass jene Nacht mein Betort

Ganz bekleidet wird mit Gras;

Naht der Abschied, will ich weinen,

So dass überall dem Freund

Meiner Augen Strom auf Reisen

Als ein Hinderniss erscheint.

Wenn ein König einem Menschen

Nach dem Leben strebt, Hafis,

Wer wohl hätte Muth und Kühnheit

Und verwies' dem König dies?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 703-705.
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