158.

Mir im Haupte dreht verborgen

Sich die Leidenschaft zu dir:

Sieh doch, was im wüsten Haupte

Sich für Dinge drehen mir!

Wer sein Herz an's Schlägelhäkchen

Deiner Locke band, der muss

Einem Balle gleich sich drehen

Auf dem Haupt und auf dem Fuss.

Wenn auch jener Herzensräuber

Ungerecht mit mir verfuhr,

Folgt das Herz doch treu wie immer

Allenthalben seiner Spur.

Es zerreisst des Himmels Tücke

Und der Zeiten herbe Qual

Die Geduld, gleich einem Hemde,

Mir am Körper hundertmal;

Und mein armer Körper schwindet

Schwach und abgezehrt dahin,

Und schon zeigt, wie auf den Neumond,

Mit den Fingern man auf ihn;

Und der Sprosser meines Innern,

Seiner Rosenwange fern,

Sucht schon lange Zeit vergebens

Was ihn nähre: Laub und Kern.

Soll ich es noch öfters sagen?

Meide, Herz, der Lüste Spur:

Diese Lüste führen eben

Zu der Sünden Quell dich nur.

Tulpenwange mit dem Wuchse

Gleich Zipressen! Lust an dir

Lässt gar Viele wirr und schwindlig

Sich im Kreise dreh'n, gleich mir.

Es bewohnet, gleich dem Oste,

Deinen Gau Hafisens Herz:

Leidend ist's und hofft zu finden

Was da heile seinen Schmerz.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 705-707.
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