20.

Möchten Jene, die durch Blicke

Wandeln Staub in Gold,

Nur den Winkel ihres Auges

Richten auf mich hold!

Ärzten, die mich hassen, berg' ich

Meiner Krankheit Stand;

Heilt mich doch die Apotheke

Aus dem Geisterland.

Nicht im Zechen, noch im Frömmeln

Liegt des Wohlseins Keim:

Besser ist's, man stellt sein Handeln

Gottes Huld anheim.

Der Geliebte hebt den Schleier

Von der Wange nicht:

Wie geschieht es, dass ein Jeder

Anders von ihm spricht?

Hinter'm Vorhang nimmt zur Stunde

Bosheit ihren Lauf:

Doch, wie wird man sich geberden,

Geht der Vorhang auf?

Seufzt der Stein bei diesem Liede,

O, so staune nicht,

Weil gar rührend, wer ein Herz hat,

Von dem Herzen spricht.

Sei kein Thor; weil dort, wo Liebe

Zu versteigern ist,

Mit Bekannten nur der Kluge

Einen Handel schliesst.

Trinke Wein, denn hundert Sünden.

Die kein Fremder schaut,

Taugen mehr, als eine Andacht,

Nur auf Trug gebaut.[351]

In das Hemd, das süsse Düfte

Joseph's hergebracht,

Hat der Neid der Brüder – fürcht' ich –

Einen Riss gemacht.

Komm vorbei am Dorf der Schenke,

Dass der Gäste Schaar

Ihre Zeit für dich zu beten

Nütze immerdar.

Unbemerkt von Neidern, rufe

Mich zu dir hinein:

Edle thun viel Gutes heimlich,

Gott zu Lieb' allein.

Dauernder Genuss wird nimmer

Dir, Hafis, zu Theil:

Nicht bekümmert die Monarchen

Eines Bettlers Heil.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 349-353.
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