42.

Des verreisten Freund's erwähnte

Gestern Nachts des Windes Weh'n;

Ich auch weih' mein Herz dem Winde:

Mag was immer nun gescheh'n!

Schon so weit ist es gekommen,

Dass mit mir gefühlvoll klagt

Jeder helle Blitz am Abend,

Jeder Wind, wenn's wieder tagt.

In den Ringen deiner Locken

Sprach mein Herz, das blöde, nie:

»Mögest du doch nie vergessen,

Deine Heimath seien sie!«

Was der Rath der Theuren gelte,

Sah ich heute deutlich ein.

Lass, o Herr, die Seele dessen,

Der mir rieth, befriedigt sein!

Blut'gen Herzens dacht' ich deiner,

Band der Wind auf grünem Moos

Sanft die Schleifen vom Gewande

Einer Rosenknospe los.

Deine schiefe Königsmütze

Kam mir immer in den Sinn,

Trug der Wind den Schmutz der Kronen

Auf Narzissenhäupter hin.

Als bereits mein schwacher Körper

Meiner Hand entglitten war,

Gab der Wind mir neues Leben

Morgens durch dein duftend Haar.

O Hafis! Was du gewünschet

Bringt dein Edelmuth dir ein:

Mögen sich dem edlen Menschen

Fürder alle Seelen weih'n!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 411-413.
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