7.

Jetzt, wo auf der Flur die Rose

Aus dem Nichts in's Sein getreten

Und die Veilchen ihr zu Füssen

Mit gesenktem Haupte beten,

Sollst du Morgenwein geniessen

Bei der Def und Harfe Klange

Und das Kinn des Schenken küssen

Bei der Flöt' und Laute Sange.

Darfst ja Liebe, Wein und Harfe

Nicht, wenn Rosen blüh'n, entbehren,

Die, den Lebenstagen ähnlich,

Eine kurze Woche währen.

Durch das Sternenhaus der Blumen

Glänzt, dem Himmel zu vergleichen,

Diese Erde unter'm Schutze

Glücklicher und froher Zeichen.

Lass den Glauben Zoroaster's

Auf den Fluren neu erblühen,

Neu, entbrannt von Nimrod's Feuer,

Ringsherum die Tulpen glühen.

Trinke Wein, gereicht vom Zarten,

Der wie 'Îsa's Hauch beseelet;

Doch die Mährchen lass bei Seite,

Von Thĕmūd und 'Âd erzählet.

Durch die Lilien und die Rosen

Ward die Welt zum ew'gen Garten;

Doch was frommt's? Kann man doch nimmer

Ewiges in ihr erwarten.

Wenn, wie Salomon, die Rose

Auf des Windes Gaul sich schwinget,

Naht der Vogel früh am Morgen,

Der, wie David, Psalme singet.[313]

Einen Becher, der vom Weine

Überströmt, sollst du dann leeren,

Um Māhmūd, des Glaubens Säule,

Salomon's Ăssāf zu ehren;

Such', Hafis, in seinen Tagen

Ew'ge Lust dir zu bereiten,

Und sein milder Schatten währe

Durch die Dauer ew'ger Zeiten!

Bringe Wein! Denn stete Hilfe

Will Hafis von dem begehren,

Der erbarmend sie gewährte

Und sie fürder wird gewähren.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 311-315.
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