87.

Spülte mir den Herzenskummer

Aus dem Sinne nicht der Wein,

Furcht vor dem Geschicke risse

Mir den Bau des Lebens ein;

Würfe nicht beim Liebesrausche

Seinen Anker der Verstand,

Brächt' aus diesem Unglückswirbel

Nimmer er das Schiff an's Land

Weh! Es treibt sein Spiel der Himmel

Insgeheim mit Jedermann;

Doch es gab bisher noch Keinen,

Der's dem Schlauen abgewann.

Desshalb will mein Herz, das schwache,

Auf der Wiese sich ergeh'n,

Dass sie mich vom Tode rette

Durch des Ostes sanftes Weh'n.

Durch ein Dunkel führt die Strasse:

Weilet denn kein Chiser dort?

Denn das Feuer der Entbehrung

Führt mir sonst das Wasser fort.

Arzt der Liebe bin ich. – Trinke

Wein, denn dies Electuar

Schaffet Ruhe und verscheuchet

Alle Sorgen immerdar.

Schon verbrennt Hafis, und Niemand

Hat es noch dem Freund gesagt:

Ob vielleicht um Gotteswillen

Es ein Hauch des Westes wagt?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 527-529.
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