89.

Wenn an mir des Glückes Vogel

Abermals vorüber eilt,

Kömmt der Freund zurück, der liebend

Dann für immer bei mir weilt.

Perlen und Juwelen bieten

Kann mein Auge nimmer zwar,

Drum verschlingt es Blut und bringet

Dies als Huld'gungsgabe dar.

Niemand wagt es Ihm zu sagen

Was ich alles schon erlitt,

Als der Ostwind, wenn er flüsternd

Ihm am Ohr vorüberglitt.

Einem flücht'gen Repphuhn sandt' ich

Einen Falken nach, den Blick,

Dass er's locke und als Beute

Bringe von der Jagd zurück.

Gestern Abends fragt' ich: »Heilen

Seines Mund's Rubine mich?«

Und ein Ruf aus höh'ren Sphären

Sprach erwiedernd: »Sicherlich.«

In der Stadt weilt kein Verliebter,

Hie und da nur sieht ein Mann,

Der da ausser sich gerathen,

Sich für liebenswürdig an.

Wo verweilt der Hochgesinnte,

Der bei seinem Freudenfest

Dem Betrübten durch ein Schlückchen

Seinen Rausch verdünsten lässt?

Treue – Tod des Nebenbuhlers –

Hoffnung dir vereint zu sein –

Schaffe mir das Spiel des Himmels

Eines nur von diesen Drei'n!

Weichst du nicht von Seiner Pforte,

O Hafis, erscheint ein Tag,

Wo aus irgend einem Winkel

Er vorbei dir kommen mag.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 531-533.
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