95.

Will man wirklich bare Münze

Einer Probe unterzieh'n

Und auf alle Klausner fahnden,

Deren Thun verdächtig schien?

Meine Meinung ist, die Freunde

Unterliessen ganz und gar

Etwas And'res zu ergreifen,

Als des Freundes Ringelhaar.

Weislich halten sich die Zecher

An des Schenken Locke fest,

Dass sie eine Stütze haben,

Wenn der Himmel sie verlässt.

Setzt der Rabe seine Füsse

Schamlos auf den Rosenbaum,

Nun so müssen alle Sprosser

Greifen nach des Dornes Saum.

Mit der Kraft des Arm's der Tugend

Prahle nicht in Schöner Reih'n:

Denn mit einem einz'gen Reiter

Nehmen leicht ein Schloss sie ein.

Herr, wie gierig lechzt nach Blute

Dieser Türkenkinder Schaar!

Mit dem Pfeile ihrer Wimper

Macht sie Beute immerdar.

Schön sind Tänze, wenn sich ihnen

Lied und Flötenton gesellt;

Doch besonders, wenn bei'm Tanze

Man die Hand des Liebchens hält.

O Hafis, die Mitwelt kümmert

Nimmermehr der arme Mann:

Drum, sich fern von ihr zu halten

Ist das Beste, wenn man's kann.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 547-549.
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