3.

Schenke, gib durch's Licht des Weines

Meinem Glase hellen Glanz!

Sänger, singe! Meinem Wunsche

Fügt sich ja die Erde ganz.

Im Pocal sah ich des Freundes

Holden Wangenwiderschein:

O Unkundiger der Wonne,

Die da liegt in meinem Wein!

Liebesspielen schlanker Schönen

Lässt man nur so lange Raum,

Als sich nicht, wie Pinien schaukelnd,

Reget mein Zipressenbaum.

Dessen Herz durch Liebe lebet,

Wird den Todten nie gesellt:

Meine ew'ge Dauer stehet

Desshalb in dem Buch der Welt.

Kömmt der jüngste Tag, befürcht' ich,

Werd' im Preis nicht höher sein

Das erlaubte Brod des Scheïches,

Als mein unerlaubter Wein.

Holder Wind, ziehst du vorüber

An der Freunde Rosenflur,

O so bring' von mir dem Liebling

Meine besten Grüsse nur;

Frage Ihn, warum er meiner

So mit Vorsatz nicht gedenkt?

Kömmt doch wohl von selbst die Stunde.

Die mich in's Vergessen senkt.

Meines holden Lieblings Auge

Hat den Rausch für schön erkannt:

Darum gab man auch dem Rausche

Meine Zügel in die Hand.[9]

Lass, Hafis, das Körnchen fallen,

Das dir an dem Auge hängt

Und vielleicht in meinem Netze

Des Genusses Vogel fängt.

Jenes grüne Meer des Himmels

Und sein Schiff, der neue Mond,

In Kăwām's, des Pilgers, Gnaden

Sind zu tauchen sie gewohnt.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 7-11.
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