5.

Auf, o Schenke, gib mir den Pocal,

Streue Staub auf's Haupt der Erdenqual!

Setz' das Glas mir auf die Hand; – mit Lust

Reiss' das blaue Kleid ich von der Brust.

Klugen scheint das gegen Ehr' und Pflicht,

Doch ich will ja Ruhm und Ehre nicht.

Gib mir Wein! Wie manches Thorenhaupt

Hat der Wind des Stolzes schon bestaubt!

Meines heissen Busens Seufzerrauch

Sengte diese kalten Rohen auch.

Keiner, seh' ich, will mein Herz versteh'n,

Möge hoch er oder niedrig steh'n;

Nur bei jenem Holden find' ich Ruh',

Der die Ruhe mir geraubt im Nu.

Niemand blicket auf den Baum der Flur,

Sah er jenen Silberbaum erst nur.

Sei geduldig Tag und Nacht, Hafis,

Du erreichst des Wunsches Ziel gewiss.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 13-15.
Lizenz:
Kategorien: