1.

[51] Bei des Meisters Seele schwör' ich's

Und beim alten Recht und Bunde:

Wünsche für dein Glück gesellen

Sich zu mir in früh'ster Stunde;

Meine Thräne, gegen welche

Noë's Fluth im Nachtheil bliebe,

Wäscht von meines Busens Brette

Nie das Bild mir deiner Liebe.

Handle denn mit mir und kaufe

Dieses Herz, zerstückt von Schmerzen:

Selbst zerstückt, erreicht's an Werthe

Hunderttausend ganze Herzen.

Schilt mich nicht, bin ich betrunken,

Denn der Lenker süsser Triebe

Wies mich schon am ersten Tage

An des Weingenusses Liebe.

Suche Wahrheit! Deinem Inner'n

Wird die Sonne dann entsteigen:

Weil der erste Morgen lüget,

Sind ihm schwarze Wangen eigen.

Herz, verzweifle nicht: des Freundes

Huld ist ohne Maass und Ende;

Nun du mit der Liebe prahltest,

Opfre denn dein Haupt behende!

Du nur hiessest mich auf Bergen

Irren und im Wüstensande,

Und noch lockerst du erbarmend

Nicht des Kettengürtels Bande.[51]

Tadelt den Ăssāf die Ämse,

Kann man ihr nur Beifall zollen:

Denn, das Siegel Dschem's verlierend,

Hat er es nicht suchen wollen.

Traure nicht, Hafis, noch fordre

Dass die Schönen treu dir seien:

Ist es wohl die Schuld des Gartens,

Will dies Kräutchen nicht gedeihen?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 51-53.
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