16.

Pinjen und Zipressen brauchet

Nimmer meines Gartens Raum:

Denn, wem wiche wohl an Höhe

Meines Buchses zarter Baum?

Sage mir, du holder Knabe,

Welchen Glauben nennst du dein?

Denn mein Blut scheint dir erlaubter

Als die Muttermilch zu sein.

Siehst von fern du düst're Bilder,

O dann hurtig Wein begehrt!

Den Erfolg erprobt' ich selber,

Und das Mittel ist bewährt.

Zieh' ich von des Wirthes Schwelle

Jemals wohl das Haupt zurück?

Wohnt in diesem Haus und Hofe

Immer doch nur Sieg und Glück.

Nichts als nur gebroch'ne Herzen

Kauft man ein auf meiner Bahn;

Auf dem Markt des Selbstverkaufens

Langt auf ander'm Weg man an.

Gestern liess Genuss Er hoffen.

Und im Kopfe spukt' ihm Wein:

Doch was spukt Ihm heut im Kopfe.

Und was wird Sein Ausspruch sein?

Stets dasselbe ist das Mährchen

»Liebesgram«; doch sonderbar,

Dass bei Keinem, der's erzählte.

Es ein wiederholtes war.

Kehre wieder, denn das Auge

Hofft auf dich in Trennungsnoth,

Wie das Ohr des Fastenhälters

Auf die Worte: »Gross ist Gott!«[91]

Schilt nicht auf Schirās und Rokna,

Noch auf jenen Abendwind,

Sie, die Wasser auf der Wange

Aller sieben Länder sind.

Welch ein Abstand! Chiser's Wasser

Fliesset in des Dunkels Schoos,

Und der Urquell meines Wassers

Sind die Worte: »Gott ist gross!«

Von dem Ruhm zufried'ner Armuth

Zieh' ich nimmer mich zurück;

Sprich zum Kaiser: »Für die Nahrung

Sorgt ein gütiges Geschick.«

Welch ein frisches Kandelbäumchen

Ist dein Schreibrohr, o Hafis!

Ist doch Honig selbst und Zucker

Nicht wie seine Früchte süss.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 89-93.
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